Knapp drei Jahre nach Jahrhunderthochwasser Gutachten zu Hochwasserschutz in Gruiten vorgelegt
Haan · Im Hochwasserschutzkonzept fehlen tragfähige Ideen, wie das Dorf vor Überflutungen bewahrt werden kann.
„Auch bei Umsetzung ausreichender Maßnahmen zur Realisierung eines 100-jährlichen Hochwasserschutzes wäre ein Extremereignis wie im Juli 2021 weiterhin nicht beherrschbar.“ Zu diesem bedrückenden Fazit kommt der Abschlussbericht für ein Hochwasserschutzkonzept für Gruiten-Dorf, den der Bergisch-Rheinische Wasserverband (BRW) dem Ausschuss für Umwelt und Mobilität der Stadt Haan an diesem Dienstag vorgelegt hat. Wie sich dem 98-seitigen Dokument entnehmen lässt, ist ein durchgreifendes Konzept, wie das historische Dorf im Düsseltal hochwassersicher gemacht werden kann, nach wie vor nicht in Aussicht.
Die Stadt Haan hatte den BRW im November 2021 mit der Erstellung des Konzeptes beauftragt. Ein entsprechender Planungsauftrag wurde im Juni 2022 an das Fachbüro Sönnichsen & Weinert in Minden vergeben. Die Fachleute erstellten ein Hydraulikmodell für Düssel und Kleine Düssel sowie ein Niederschlag-Abflussmodell und ermittelten durch terrestrische Vermessung, welche Orte wie stark von Überflutungen betroffen sind.
Das Gutachten geht davon aus, dass ab einem Abflussvolumen von 17 Kubikmeter pro Sekunde in Gruiten Hochwasser auftritt. Solche Wassermengen kommen statistisch alle 20 bis 25 Jahre vor. Im Zentrum der Überlegungen zum Hochwasserschutz in Gruiten standen laut Beschlussvorlage zunächst mögliche Rückhaltungen und Retentionsräume – also Flächen, auf denen sich bei Bedarf größere Wassermengen ansammeln können. Vom Planungsbüro wurden sieben mögliche Standorte für Hochwasserrückhaltebecken identifiziert. Doch auch eine Realisierung aller sieben Anlagen könnte ein Hochwasser wie das von 2021 zwar entschärfen, nicht jedoch gänzlich verhindern.
AGNU warnt vor Plänen im Bereich Schöller-West
Weitere Lösungsansätze wie Schutzwände, eine Erhöhung des Abflusses der Düssel oder die Nutzung des ehemaligen Kalksteinbruchs Grube 7 als Rückhalteraum beschreiben die Experten ebenfalls als „nicht ideal“. Sie schlussfolgern daher: „Individueller Objektschutz ist nach derzeitigem Kenntnisstand am besten geeignet, Überschwemmungsschäden zu verhindern.“ Mit anderen Worten: Jeder Hausbesitzer in Gruiten-Dorf ist für den Schutz der eigenen Immobilie maßgeblich selbst verantwortlich.
Die Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt (AGNU) in Haan verweist in einer Mitteilung darauf, dass die Becken „einen schwerwiegenden Eingriff in die Natur und die Bachlandschaften oberhalb Gruitens bedeuten und ein enormes Geld verschlingen.“ In der Tat stellt das Gutachten fest, dass auch „aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Bau der Rückhaltebecken nicht zu rechtfertigen“ wäre. Bau und Unterhaltung der Becken werden also als teurer veranschlagt als mögliche Hochwasserschäden. Der BRW hat dennoch bei der Bezirksregierung um eine mögliche Förderung angefragt.
„Erstaunlich“ nennt AGNU-Vorstand Sven Kübler die Tatsache, dass die Stadt Wuppertal aktuell über ein 22 Hektar großes Gewerbegebiet Schöller-West nachdenke. „Das Oberflächenwasser und die Dachabwässer landen letztlich auch in der Düssel!“, stellt Kübler fest. Das Verfahren beginne zwar gerade, aber die die Haaner Politik und die Verwaltung sollten sich bereits jetzt positionieren, appelliert der engagierte Umweltschützer.
Gegen Gewerbegebiet läuft
eine Online-Petition
Er verweist auch auf eine Petition gegen das Vorhaben, die 22 Hektar großen Ackerflächen des Naherholungsgebietes zu einem Gewerbegebiet zu machen. Die Flächen dienten als wichtiges regionales und überregionales Erholungsgebiet. Der Fernwanderweg Bergischer Weg, der Neanderlandsteig und sogar eine Nebenstrecke des Jakobswegs Nordrhein führten exakt durch das Gebiet. Das Lanschaftsbild würde massiv beeinträchtigt, betont Initiatorin Barbara Greiling. Für die Bundesstraße 7 zwischen Mettmann und Wuppertal sei ein erheblicher Verkehrsanstieg zu erwarten. Landwirtschaft und auch die Reiterhöfe seien durch das Vorhaben bedroht.