Internationale Klasse vereint Schüler aus sieben Nationen
Das Evangelische Schulzentrum stellt sich pädagogischer Herausforderung.
15 Jugendliche schauen Udo Kotthaus erwartungsvoll an. Die Flüchtlinge, Zuwanderer und Asylbewerber sind zwischen 11 und 18 Jahre alt und stammen aus sieben verschiedenen Nationen. „Herzlich willkommen in der internationalen Klasse“, begrüßt der Leiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums die jungen Leute auf Deutsch und Englisch. Das Evangelische Schulzentrum stellt sich einer pädagogischen Herausforderung: Schüler ganz unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu einem Schulabschluss zu führen.
Da ist zum Beispiel Hicham (11), der seit März mit seiner Familie in Hilden lebt. Er, seine beiden Geschwister (2 und 8 Jahre) und sein Vater besitzen die spanische Staatsbürgerschaft, seine Mutter die marokkanische. Der Elfjährige spricht Spanisch, Arabisch und ein bisschen Italienisch — und hat schon klare Vorstellungen über das, was er mal werden will: „Profi-Fußballer — oder Mechaniker.“ „Hicham ist ein pfiffiger Junge“, so der erste Eindruck von Guedo Wandrey, Leiter der Evangelischen Gesamtschule: „Ich kann mir vorstellen, dass er für Mathe die fünfte Regelklasse besucht.“
Salomon (12) ist Asylbewerber aus Ghana und lebt seit sechs Monaten mit seiner Mutter in Hilden. Er spricht schon etwas Deutsch. „Englisch kann Salomon gut“, hat Udo Kotthaus im ersten Gespräch festgestellt: „Damit könnte er es in Klasse sieben versuchen und gemeinsam mit der Klasse sechs mit Französisch starten.“ Sport, Physik, Englisch, Mathe: Salomon hat viele Lieblingsfächer und will viel lernen — um Medizin zu studieren. Dawid Rollik (17) lebt seit einem Monat mit seiner Mutter und seiner Schwester in Hilden. Im polnischen Bytom (Beuthen) hat er die siebte Klasse eines Sportgymnasiums besucht. Lieblingsfach? „Sport und — Sport“, muss Dawid über seine Antwort selber lachen. Das Sprint-Talent über 200 und 300 Meter trainiert täglich drei Stunden und ist schon Mitglied beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Nach den Plänen der Bezirksregierung sollen die Schüler maximal zwei Jahre lang in solchen „Seiteneinsteiger-Klassen“ bleiben und dann an andere Schulen verteilt werden. Kotthaus findet das nicht gut: „Das wird diesen Menschen nicht gerecht, die gerade bei uns am Schulzentrum ihre schulische Heimat gefunden haben. Wir wünschen uns, dass die Schüler zusammenbleiben können.“
Bereits vor 34 Jahren habe das Schulzentrum viele Flüchtlinge aus Iran, Afghanistan, Nordkorea, Vietnam und Auswanderer aus Polen, Russland und Rumänien aufgenommen. Kotthaus: „Fast alle haben das Abitur geschafft. Das ist auch jetzt unser Ziel.“ Im Kollegium, das geschlossen hinter der „Internationalen Klasse“ steht, gebe es viele sprachbegabte Kollegen. Schuldezernent Reinhard Gatzke ist heilfroh, dass das Evangelische Schulzentrum diese Aufgabe übernimmt: „Dazu waren viele Gespräche mit der Bezirksregierung notwendig.“ Denn jede Stadt muss ein solches Angebot sicherstellen. Die städtische Sekundarschule sei durch die Inklusion aber bereits besonders belastet.