Hilden Klimawandel ist jetzt Thema für den Stadtrat

Hilden. · Mehr heiße Tage, mehr Starkregen: Die Hildener Stadtverordneten fragen bei Experten an.

Nach dem Starkregen in Hilden an der Hülsenstraße/Eisenbahnbrücke im Herbst 2018 heben Feuerwehrleute in speziellen Wat-Hosen Gullykörbe aus.

Foto: Patrick Schüller

2018 war das sonnenreichste Jahr seit 1881 und der zweitwärmste Sommer in Deutschland (abgesehen von 2003): Vielleicht liegt es auch daran, dass Anträge von kleinen Fraktionen auf einmal viel Unterstützung finden. Der Klimawandel sei auch in Hilden angekommen, hatte Ludger Reffgen (Bürgeraktion) erläutert, die Stadt müsse deshalb eigene Vorsorge-Strategien entwickeln. Nur welche? Aufschluss erhofften sich Rat und Verwaltung von zwei Experten, die zu einer gemeinsamen Sitzung von Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss eingeladen worden waren.

„Hilden befindet sich einer der wärmsten Regionen NRWs mit dem wenigsten Regen“, erläutere Dr.-Ing. Tobias Kemper, Klimaanpassungsnetzwerker der Energieagentur NRW. Seit den 1980er Jahren stiegen die Durchschnittstemperaturen nachweisbar an. Im Sommer werde künftig deutlich weniger Regen fallen, im Winter dafür mehr. Das Wetter werde extremer. Die Wahrscheinlichkeit von Starkregen sei um das Zehnfache angestiegen. Problem: Es lässt sich nicht vorhersagen, wo genau der Starkregen niedergeht.

Schon kleine Maßnahmen können eine große Wirkung haben

Kemper schlug eine Doppelstrategie vor: Hilden müsse sowohl den Klimaschutz stärken als auch die bestehende Infrastruktur und Gebäude an den Klimawandel anpassen. „Häufig sind schon kleine Maßnahmen mit großer Wirkung verbunden“, machte der Experte den Politikern Mut. Sie könnten für mehr Grün in der Stadt sorgen sowie Frischluft- und Kaltluftentstehungsschneisen freihalten und sichern. „Frühzeitige Investitionen sind günstiger als später Schäden beseitigten zu müssen“, sagte Kemper: „Die Stadt für das Klima von morgen wird heute gebaut.“

Laut Landesumweltamt zählt Hilden zu den NRW-Städten mit der höchsten Hitzebelastung. Rund 70 Prozent der Einwohner (38 000) litten bereits heute unter besonderen Belastungen bei hochsommerlichen Wetterlagen. „Das ist eine Untersuchung für ganz NRW“, relativierte Kemper: „Jeder nimmt Hitze anders wahr.“ Für den einen sei sie Belastung, für den anderen eher Genuss. Die Studie sei „auf jeden Fall ein Hinweis für Hilden“. Nicht Hochwasser, sondern „urbane Sturzfluten“ sind die Herausforderung der Zukunft, machte Diplom-Ingenieur Gert Graf van Riesenbeck vom Büro Ingenieur-Büro Dr. Pecher AG klar: Es wäre geradezu sträflich, das Risiko nicht zu untersuchen.“ Man müsse die Gefahren erkennen, bewerten und dann Vorsorge treffen.

Dabei helfen Computersimulationen. Sie zeigen, wohin im Stadtgebiet das Wasser bei Starkregen läuft, wo es wie tief maximal steht und wo es Probleme gibt. Diese Gefahrenkarte für Sturzfluten könne die Stadt für die Bewohner ins Internet stellen. Dann sehe jeder Bürger, ob er gefährdet sei und könne sich schützen. Einfaches Beispiel: Einen Gebäudezugang unter Straßenniveau sollte es nicht geben – weil dann bei Starkregen Wasser ins Haus laufen kann. Die Stadt könne in und neben Straßen Retentionsräume bauen, die Starkregen aufnehmen und kontrolliert an das Kanalnetz abführen. Oder Kanäle vergrößern. Viele Informationen und Anregungen, die die Stadtverordneten erst einmal verarbeiten müssen. Das Thema Klimawandel und Klimaanpassung bleibt auf der Tagesordnung und soll in einer der nächsten Sitzungen weiter beraten werden.