Leser erforschen Zeitungen per Mausklick

Das Archiv ist eine Fundgrube für Geschichte und Anekdoten. Vor 90 Jahren änderte die Haaner Volkszeitung ihren Namen.

Haan. 36 Jahre schon erschien die 1892 gegründete „Haaner Volkszeitung“. Am 11. August 1928, heute vor genau 90 Jahren, nannte sich die damals einzige in Haan erscheinende Tageszeitung und Amtsblatt der Stadt in „Haaner Zeitung“ um. „Dass sie inhaltlich eine ,Volks’-Zeitung, eine Zeitung für die gesamte Haaner Bürgerschaft bleiben wird, soll unsere vornehmste Aufgabe sein und bleiben“, versichert der Verlag in einer großen Kolumne in eigener Sache.

Entsprechend breit ist die Palette von lokalen Meldungen. Zum 150. Geburtstag von Turnvater Jahn — auf einer Sonderseite wir er ausführlich gewürdigt — lädt der Haaner Turnverein zu einer Jahnfeier mit vorherigem Turnen in seiner Halle ein. Im geschmückten Rathaus-Sitzungssaal findet nachmittags eine Verfassungsfeier statt.

Im Lichtspieltheater wird der Siebenakter „Versiegelte Lippen“ aufgeführt, ein „spannender Film von Liebe und Leid, der nach Vertiefung und Verinnerlichung strebt und uns entzückende Landschaftsbilder aus Italien zeigt“.

Der Sport- und Spielverein trifft sich am Abend zu seiner Aufstiegsfeier, am Nachmittag startet im Elberfelder Stadion das große Motorradrennen um die Rheinland-Meisterschaft.

Das Restaurant Dohmen an der Ellscheider Straße eröffnet seinen Tanzbetrieb wieder.

Bürgermeister Heßmann wird „während seiner Ferienzeit vom 1. Beigeordneten der Stadt Haan, Herrn vom Eigen, vertreten“.

Der Ortsausschuss für Jugendpflege sagt das für September geplante Sportfest ab. Das seit mehren Jahren gemeinsame Sportfest sollte dazu beitragen, die Rivalitäten zwischen den Sportvereinen abzubauen und einen freundschaftlicheren Umgang miteinander zu fördern. „Leider ist jedoch das Gegenteil von dem eingetreten, was man erhofft und bezweckt hat. Die Schärfen unter den einzelnen Vereinen sind größer geworden...“ Der Ortsausschuss habe die Hoffnung, „dass Turner und Sportler sich in einem stärkeren und freundlicheren Maße selbst um den inneren Frieden bemühen, sodaß wir auch demnächst ein Sportfest feiern können, dessen Ausklang die geplante und gewünschte Einigkeit zeigt.“

Der Anzeigenteil ist eine Fundgrube. Höhn an der Bahnhofstraße macht das „konkurrenzlose Angebot“, den Damen-Strumpf aus künstlicher Waschseide mit sechsfacher Sohle für 1,95 Mark das Paar zu versuchen. Die Buchdruckerei Wilhelm Wölfer — ist seit 1894 Verlag der Haaner Zeitung — bietet „Billige Bücher antiquarisch“ und „Gummi-Stempel in kürzester Frist“ an, ebenso neueste Ansichtskarten von Haan und aus dem Ittertal.

Aufmerken lässt ein „Aufgebot“ des Amtsgerichtes, das so gar nicht zum heutigen Datenschutz passt: „Der geistliche Lehrer Heinrich Hubert Lesaar, in Gaesdonk bei Goch hat beantragt, seinen Bruder, den kriegsverschollenen Lehrer Hermann Lesaar, geboren am 31. Januar 1891 zu Rheinberg, Bezirk Düsseldorf, zuletzt Musketier bei der 2. Kompagnie Infanterie-Regiments Nr. 16, vermißt seit dem 12. März 1915 (Gefecht bei Neuve Chapelle, südöstlich Chartres), zuletzt wohnhaft in Gruiten, für tot zu erklären.“ Der bezeichnete Verschollene wird aufgefordert, sich spätestens im Aufgebotstermin am 14. November 1928 bei Gericht zu melden.

Bis auf eine Seite unter dem Seitenkopf „Lachen und Lächeln“, die manche Zeichnungen bietet und einer Seite über den 150. Geburtstag von Turnvater Jahn gibt es in der Zeitung von damals keine Bilder.

1928 bestand die Weimarer Republik seit zehn Jahren, was am 11. August mit dem Verfassungstag begangen wurde. „In der heutigen Zeit“, heißt es in der Kolumne weiter, seien Zeitungen, die „Volk“ im Namen führten, „in irgendeiner Weise politisch festgelegt oder werden aber von Unwissenden als solche betrachtet“.

Mit dem Namenswechsel wollte die örtliche Zeitung sich auch im Wettbewerb behaupten. Damals streckte auch Wuppertal seine Fühler ins benachbarte Haan aus. Der örtliche Redakteur spricht seinen Lesern ins Gewissen: „Dass diese Zeitungen auch nicht die Haaner Interessen vertreten werden, ja überhaupt nicht vertreten können, ist selbstverständlich.“

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