Fußgängerzone in Hilden Rosen-Geschenke in der Hildener City als Teil einer miesen Betrugsmasche

Hilden · Aufmerksamen Zeugen ist es zu verdanken, dass am Mittwoch gleich mehrere Betrüger in der Hildener Innenstadt erwischt werden konnten. Sie hatten ihre Opfer unter anderem mit der sogenannten Klemmbrett-Masche und vermeintlich geschenkten Rosen aufs Kreuz zu legen versucht.

Foto: dpa/Aaron Favila

. Der alte Markt in Hilden am frühen Mittwochnachmittag: Es ist viel los in der Fußgängerzone. Ein älterer Herr, der sich etwas abseits vom Strom der Passanten hält, blickt versonnen in die Auslage des Blumengeschäfts gegenüber der Reformationskirche, als ihm plötzlich eine junge Frau eine orangefarbene Rose entgegenstreckt. „Vielen Dank, das ist aber nett“, sagt der Hildener, der eine Werbeaktion des Geschäfts vermutet und erfreut zugreift. Doch dann tritt die Frau plötzlich nah an ihn heran und hält ihm ein Notizbuch unter die Nase. Darin sind ein paar Zeilen mit Namen und Daten aufgeführt.„Bitte helfen Sie“, drängt ihn die junge, osteuropäisch anmutende Frau und berichtet, sie sammle Geld für die Operation eines Kindes.

Der Hildener fühlt sich überrumpelt, zückt aber seine Geldbörse und sucht nach Münzen. „Die meisten Leute haben 30 oder 40 Euro gespendet“, ruft die Frau und drängt sich noch näher an ihn. Als der Hildener ihr ein paar Euromünzen in die Hand gibt, sieht er aus dem Augenwinkel einen jungen Mann, ebenfalls mit osteuropäischem Erscheinungsbild, auf sich zukommen. Die Frau streckt ihm die Hand mit den Münzen entgegen und ruft: „Das ist viel zu wenig.“

Als ein Passant aufmerksam  wird und fragt, was los sei, türmt das Duo. Der Spender bleibt verwirrt zurück, um fünf Euro und eine Rose ärmer – die hat die junge Frau wieder an sich genommen.

Wie viel Glück er gehabt hat, wird dem Hildener tags darauf erst so richtig klar. Da teilt die Polizei mit, sie habe in der Innenstadt gleich mehrere Betrüger festgenommen. Ermittlungsverfahren seien eingeleitet worden. Offenbar waren die Betrüger mit derselben Masche an mehreren Orten unterwegs. Einige von ihnen hatten ihre Opfer dabei jedoch anscheinend unterschätzt.

 So hatten zwei Frauen kurz nach 11 Uhr einem 85-jährigen Hildener auf dem Nové-Mesto-Platz ein Klemmbrett unter die Nase gehalten und um die bereits erwähnte „Spende für Kinder“ gebeten. Während der Senior 20 Euro aus seinem Portemonnaie nahm, griff eine der Frauen zu und stahl  weitere Scheine. Der Mann forderte die Diebin jedoch nicht nur lautstark zur Rückgabe des Geldes auf, sondern bat mehrere  Zeugen um Hilfe.

Eine 62-jährige Haanerin alarmierte die Polizei, zwei Hildener (17 und 36) verfolgten das in Richtung Schwanenstraße geflohene Duo und stellten es. Polizeibeamte nahmen die 19 und 25 Jahre alten Frauen wenig später fest. Sie brachten sie zur Wache und leiteten ein Ermittlungsverfahren ein. Bei einer Durchsuchung wurde bei der 19-Jährigen die am Körper versteckte Beute gefunden und sichergestellt: 195 Euro.

Damit war jedoch noch lange nicht alles vorbei: Gegen 13 Uhr alarmierten erneut aufmerksame Zeugen die Polizei, nachdem sie mehrere verdächtige Personen auf dem Warrington-Platz ausgemacht hatten. Die mindestens vierköpfige Gruppe, die mit einem Kleinkind im Kinderwagen mehreren Leuten zunächst Rosen „geschenkt“ und dann anschließend Spenden eingefordert hatte, war mit einer 42-jährigen Hildenerin in Streit geraten.

Die Dame wurde demnach bedroht, weil sie sich weigerte, zehn Euro zu zahlen und stattdessen die Rose zurückgeben wollte. Die Polizei traf die drei weiblichen Tatverdächtigen im Alter von 18, 19 und 37 Jahren am Kronengarten an – mitsamt dem Kleinkind. Die Beamten stellten Rosen und ein Klemmbrett sicher. Die allesamt aus Velbert stammenden Frauen wurden vorläufig festgenommen. Zudem konnten die Beamten den 30-jährigen Velberter ermitteln, der die 42-jährige Hildenerin zuvor bedroht haben soll. Gegen das Quartett wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden die vier „nach dem Abschluss erster kriminalpolizeilicher Maßnahmen“, wie es heißt, jedoch wieder von der Wache entlassen.

 Die in Hilden angewendete „Klemmbrett-Masche“ ist nicht neu, aber oft sehr effektiv: Die Täter tauchen in kleinen Gruppen auf und behaupten, für einen gemeinnützigen Zweck oder eine unbekannte Hilfsorganisation zu sammeln. „Oft stehen schon zwei bis drei gefakte Eintragungen auf der Spendenliste, die den Anschein erwecken sollen, dass man nicht der Erste ist“, beschreibt eine Sprecherin der Kreispolizei.

Betrüger entscheiden laut Polizei spontan, wie weit sie gehen

Sobald ein Passant seine Geldbörse aus der Tasche hole, werde er mithilfe des Klemmbretts abgelenkt, indem ihm das Formular erklärt oder er gebeten werde, seinen Namen auf die Liste zu schreiben.

Solche Momente nutze ein anderer aus der Gruppe dann aus, um blitzschnell mehrere Geldscheine aus dem Portemonnaie des Opfers zu ziehen oder andere Wertgegenstände zu klauen.

Die Betrüger entscheiden laut Polizei immer spontan, wie weit sie gehen, je nachdem, wie sich das Opfer verhält. „Manchmal geben sie sich mit der Spende zufrieden“, berichtet die Polizeisprecherin. Nicht selten ende das ganze aber mit einem handfesten
Taschendiebstahl.

„Am Besten ist, man lässt sich gar nicht erst großartig ansprechen“, rät die Polizei. Sollte es aber doch mal passieren, gelte die Devise: Auf keinen Fall das Portemonnaie zücken. „Halten Sie zur Sicherheit immer ein paar Euro-Münzen in der Hosentasche für den Notfall bereit“, sagt die Sprecherin. Echte Spendensammler würden nämlich nach dem Motto verfahren: „Jeder Betrag zählt, und sei er noch so
klein.“

Im Internet-Präventionsportal der Polizeigewerkschaft GdP ist die sogenannte „Rosenverschenker-Masche“, die in Hilden ebenfalls zur Anwendung kam, genau beschrieben. Darin heißt es unter anderem, für die Rose, die man angeblich geschenkt bekomme, werde, sobald man sie angenommen habe, massiv eine Spende eingefordert. Wörtlich heißt es: „Spenden Sie, werden Sie als Dank dafür häufig freudig umarmt und merken nicht, wie Ihnen das Portemonnaie aus der Jackentasche gezogen wird.“

Der Hildener Senior hat sich vorgenommen, bei seinem nächsten Spaziergang über den alten  Markt nicht mehr stehen zu bleiben, wenn ihn jemand anspricht – Rose hin, Rose her.