Ochsenaugen und wilde Männer
Gemeinsam mit Stadtführer Martin Banniza entdeckten Teilnehmer bei einem Rundgang jetzt besondere Fassadenelemente in Haan.
Haan. Die Frage „Wären Sie fähig, die Fassade des Haaner Rathauses exakt zu beschreiben?“ wird mit einhelligem Kopfschütteln beantwortet. Obwohl die sechs Teilnehmer an der Stadtführung alle in Haan leben, müssen sie zugeben, dass sie dieses Gebäude nicht so gut kennen, wie vielleicht gedacht.
Martin Banniza, Stadtführer
So geht es ihnen nicht nur mit dem Haaner Rathaus. Unter dem Motto „Farbig oder schwarzweiß“ konnten Haaner ihre Heimatstadt am Tag der Deutschen Einheit einmal — im wahrsten Sinne des Wortes — bis ins Detail kennenlernen. Denn bei der Sonderführung für Entdecker der Volkshochschule Hilden-Haan legte der Stadtführer Martin Banniza den Fokus vor allem auf kleine Gebäudemerkmale, die im Alltag leicht übersehen werden. So wies er beim CVJM-Gebäude, das 1897 erbaut wurde, auf die Rundbögen hin, mit welchen Fenster und Giebel verziert wurden.
Beim Jugendhaus gab es Schlussstein-Imitationen zu bewundern, mit welchen die Fensterumrandungen versehen sind. Etwas, was eigentlich nur im Winter zu sehen ist, weil dann die Blätter des wilden Weins abgefallen sind, sind die Initialen an der Seite des heutigen Jugendhauses: PW. „Das heißt Peter Wolferts“, klärte der Stadtführer die Teilnehmer auf, „der war Schmied und hat dieses Haus gebaut.“
Um die Inschrift am Fuß der Treppe des Rathauses zu lesen, musste sich Martin Banniza sogar durch das Kletterkraut kämpfen. Schließlich legte er die Information frei: Entworfen und erbaut — Pohler und Keihn.
Was hat es mit der Fratze ganz oben am Rathaus auf sich? „Das ist ein wilder Mann“, so Banniza und erzählt, dass auch auf den Fenstern des Ratssaals zwei wilde Männer als Wappenhalter zu sehen sind. „Die sehen etwa so aus wie ich, nur mit Keule“, sagt er und sorgt damit für Lacher unter den Teilnehmern.
Martin Banniza
Mit großem Hintergrundwissen und sehr viel Humor führte Martin Banniza die kleine Gruppe durch die Haaner Innenstadt. Vor dem Haus an der Mittelstraße 5a wurde er gefragt, ob die kunstvollen Stützen eine tragende Funktion hätten oder nur Zierde seien. „Gute Frage“, antwortete er, „um dies hinreichend zu klären, bräuchte man einen großen Hammer.“
Was die kryptischen Zahlen und Zeichen am Haus an der Kaiserstraße 52 bedeuten, konnte der Stadtführer enträtseln. „Das S steht für Schieber“, verriet er, „für einen Wasserschieber.“
Der kleine Pfeil und die Angaben 3,60 und 6,30 zeigen an, wo genau dieser Wasserschieber zu finden ist, nämlich 3,60 Meter in Pfeilrichtung und 6,30 Meter zur Kaiserstraße hin.
Viel Neues konnten die Teilnehmer der Stadtführung lernen, beispielsweise dass die kleinen runden oder halbrunden Fenster „Ochsenauge“ heißen und dass ein Wappen spiegelverkehrt beschrieben wird. „Weil sich die Wappen aus dem Schutzschild entwickelt haben“, weiß Banniza. So gelang ihm eine Führung zum Thema „Farbig oder schwarzweiß“, die ganz und gar nicht farblos, sondern bunt und äußerst kurzweilig war.