Offen für alle Behinderten
Hinter dem Freundeskreis für Behinderte liegt ein schwieriges Jahr. In den kommenden Monaten sollen vor allem neue Mitglieder geworben werden.
Haan. Kaum etwas deutet darauf hin, dass dies kein Kaffeekränzchen wie jedes andere ist. Nicht einmal die drei Rollstuhlfahrer fallen zwischen den anderen Mitgliedern im Awo-Treff besonders auf.
Aber obwohl man es den rund 30 Gästen bei Orangensaft und Sekt nicht ansieht, ist Behinderung ein Thema für alle — als Behinderter oder Angehöriger. „Ausschlaggebend ist, wie gut man zurecht kommt“, sagt Peter Kuhn, Vorsitzender des Freundeskreises für Behinderte und Nichtbehinderte in Haan.
Christel Pauli besuchte vor sechs Jahren zum ersten Mal den Freundeskreis im Awo-Haus, nachdem ihr Mann Peter schwer erkrankt war. „Er kam nach 32 Wochen im Rollstuhl nach Hause“, erinnert sich die Hochdahlerin.
Das Erlebnis, wie sie als Ehepaar auf der Straße gemieden wurden, wie in der Eisdiele drei Plätze neben ihrem Mann frei blieben, war einschneidend. „Ich wollte gern mit Leuten sprechen, die auch betroffen sind“, erinnert sie sich.
Auch nachdem es ihrem Mann viel besser geht und er wieder laufen kann, besuchen die Paulis regelmäßig die Nachmittage des Freundeskreises, finden den Austausch sehr angenehm.
„Die Leute kommen zunächst nicht für ein Gespräch, sondern weil sie jemanden brauchen, der ihnen zuhört“, sagt Kuhn. Später entstehe dann das Bedürfnis nach konkretem Rat, etwa über Behördenangelegenheiten.
Wer den Weg zu den Treffen nicht aus eigener Kraft schafft, wird von Awo-Geschäftsführerin und Vereinsmitglied Margit Thomas mit dem rollstuhltauglichen Bus abgeholt.
Sehr nützlich für den Verein findet Kuhn die Ortskenntnis der Teilnehmer: „Wir haben Mitglieder in jeder Ecke Haans. Die kennen die Situation zur Barrierefreiheit.“ Ein Thema, das für Kuhn als ehrenamtlicher, städtischer Behindertenbeauftragter alltäglich ist.
Die neue Rampe am Schwimmbad befürwortet er: „Es gibt 200 Behinderte, die um die Situation im Gebäude wissen und das Bad nutzen.“ Ihnen solle der Zutritt auf jeden Fall erleichtert werden.
Bei der Diskussion um eine Fußgängerinsel auf der Kaiserstraße hingegen hat er sich dagegen ausgesprochen. Es sei gefährlich, wenn Bürger mit Rollator erst vor dem Bus auf die Straße treten müssen, bevor sie sehen, ob der Weg frei ist. „Ich vertrete Behinderte aller Art“, sagt der Vorsitzende. Was der einen Gruppe nütze, solle der anderen nicht schaden.
Für den Freundeskreis sei das vergangene Jahr schwierig gewesen: „Wir hatten innerhalb weniger Monate drei Vorsitzende, da bleibt wenig Zeit für anderes“, sagt Kuhn. Im beginnenden Jahr möchte er vor allem neue Mitglieder gewinnen.
„Jeder zehnte Haaner hat eine Behinderung“, fügt er hinzu. Darunter seien viele junge Leute. Die Treffen sollen weiter an Wochenenden stattfinden, damit sie sich möglichst wenig mit der Arbeitszeit der Mitglieder überschneiden.