Opfer berichten nach Großbrand in Hilden Welle der Hilfsbereitschaft nach Wohnungsbrand
Hilden · Der Großbrand an der Richrather Straße hat Bianca Weirich (32) und Christian Pauli (36) alles genommen – den Schwiegervater und Vater, Wohnung, Kleidung. Doch jetzt, so berichten sie, gibt es eine Welle der Hilfsbereitschaft.
Der Samstag vergangener Woche war für Bianca Weirich und Christian Pauli eigentlich ein schöner Tag: „Wir waren auf einem Mittelaltermarkt gewesen, hatten uns nach der Rückkehr in unsere Wohnung bequeme Klamotten angezogen und wollten den Abend mit unserem Hobby Computerspiele gemütlich ausklingen lassen“, erinnert sich die 36-Jährige.
Dann kam der Moment, der alles auf den Kopf stellte: Christian Pauli nahm einen ungewöhnlichen Geruch wahr. „Er hat noch gedacht, es wäre ein Räucherstäbchen“, sagt seine Freundin. Dann sei plötzlich ein Feuerwehrauto auf der Richrather Straße vorgefahren – und von da an ging alles rasend schnell: Als das Paar die Tür zum Schlafzimmer öffnete, schlug ihm beißender Rauch in dichten Schwaden entgegen. „Christian hat sich gerade noch unseren Hund schnappen können, dann sind wir auch schon rausgerannt“, beschreibt Bianca Weirich diese dramatischen Sekunden. Zeit, um Portmonee oder andere Besitztümer einzusammeln, sei nicht mehr geblieben: „Selbst die Schuhe haben wir stehen lassen. Nur schnell weg von dem Feuer. Ich bin in Hausschlappen runter auf die Straße.“ Dort wartete bereits der Großvater, der ebenfalls in dem Haus wohnt.
Von der Straße aus mussten die beiden Hildener dann auch noch wenig später mitansehen, wie Christians Vater schwerstverletzt aus dem Haus getragen wurde. Den hatten die beiden eigentlich längst unter den anderen Evakuierten vermutet. Einen Tag später starb der 57-Jährige, in dessen Wohnung das Feuer den Brandsachverständigen zufolge ausgebrochen sein soll und dessen Schlafzimmer an das von Bianca und Christian grenzt. Beide Wohnungen sind nicht mehr bewohnbar.
In solchen Momenten denkt man, es geht nicht mehr weiter. Und doch wenden sich Bianca Weirich und Christian Pauli jetzt – eine Woche nach dem schrecklichen Großfeuer, das ihnen alles nahm – ganz bewusst an die Öffentlichkeit. Sie wollen Danke sagen: „Was wir in den vergangenen Tagen an Hilfsbereitschaft erleben durften, ist wirklich enorm“, betont die 32-Jährige.
Eine Tante hat ihnen für die erste Zeit ein Ein-Zimmer-Appartement zur Verfügung gestellt. „Es sollte eigentlich vermietet werden, der neue Mieter hat aber gesagt, er werde dann halt zwei Monate später einziehen“, berichtet Bianca Weirich. Nachbarn, Freunde, aber auch völlig fremde hätten Kleidung oder Gegenstände geschenkt.
Den Vogel aber schoss Christians Freund und Kollege Oliver Köhler ab. Er rief gemeinsam mit Sandra Fangen bereits am Tag nach dem Brand eine Spendenkampagne auf der Internetplattform „GoFundMe“ ins Leben, um die Hildener Gemeinschaft zu Spenden aller Art zu motivieren. Bereits knapp 7000 Euro seien binnen weniger Tage bereits zusammengekommen, berichtete er, weitere 8.000 sollen noch folgen. Auch Köhler lobt die enorme Bereitschaft von Personen und Institutionen, zu helfen – vom eigenen Arbeitgeber – einem IT Startup-Unternehmen – bis hin zu wildfremden Menschen, die einfach etwas tun wollen. „Beim ersten Zusammentreffen mit Bianca, Kris und der Familie konnten wir neben einer Umarmung bereits die erste Spenden überreichen und neue Klamotten, erste Möbel und Lebensmittel zur Verfügung stellen“, sagt der Initiator der Aktion: Natürlich herrsche noch „das reinste Chaos“, aber die große Unterstützung sei „ein Lichtblick in diesen schweren Zeiten“: „Neben Geldspenden haben wir auch einige Sachspenden erhalten, ganz lieben Dank dafür.“ Weitere Möbel könnten derzeit zwar nicht angenommen werden, „da uns dafür die Lagermöglichkeiten bis zur neuen Wohnung fehlen, aber für Alltägliches sind wir sehr dankbar”, schreiben die Initiatoren der Aktion auf ihrer Spendenseite: http://bitly.ws/tf8f
Köhler weiß genau: „Niemand kann den geliebten Menschen wieder zurückbringen und auch den Verlust des Besitzes werden wir nicht kompensieren – aber wir können helfen, diese erste besonders schwere Zeit zu überbrücken und den Neuanfang ein kleines bisschen leichter zu machen.“ Bianca Weirich knüpft daran an: „Wir haben zum Glück zwar eine Hausratversicherung – aber ob und vor allem wann wir mit einer Auszahlung rechnen können, ist momentan noch völlig offen“, sagt sie. Die Spenden trügen dazu bei, über die ungewisse Zeit hinweg zu helfen. Vergessen können sie und ihr Partner die Ereignisse sowieso nicht mehr. Aber sie unternehmen – auch dank der Hilfe der Hildener – momentan immerhin die ersten kleinen Schritte zurück in Richtung Normalität.