Landwirte in Hilden Viele Bauern fahren jetzt nach Berlin
Hilden · Groß wie nie zu vor soll er werden, der Protest der Bauern am 15. Januar in Berlin gegen die Regierung. Auch in Hilden und Umgebung wollen die Bauern am Montag für ihre Belange demonstrieren, jedoch in geringerem Maße als eine Woche zuvor.
„Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ – Der Schlachtruf, den wir aus den Fußballstadien kennen, könnte in Tagen wie diesen von den Bauern skandiert werden. Das nächste DFB-Pokalfinale geht am 25. Mai in der Hauptstadt über die große Bühne. Die Bauern suchen diese schon am 15. Januar, eben in Berlin.
Die Proteste gegen den Kurs der Bundesregierung dürften sich Anfang kommender Woche also noch einmal zuspitzen. Allein aus dem Kreis Mettmann sollen zwei Busse mit Bauern an Bord Richtung Osten fahren, berichtet der Hildener Landwirt Daniel Wirtz. Er selbst bricht mit dem Auto auf und steuert zunächst den Hof eines Freundes in Brandenburg an. „Die letzten 80 Kilometer geht es dann mit dem Trecker nach Berlin.“
Bauern aus der Region fahren im Reisebus nach Berlin
Tatsächlich dürften einige Bauern aus dem Rheinland den mehr als 500 Kilometer langen Weg in die Hauptstadt sogar mit dem Trecker in Angriff nehmen, jedoch niemand aus Hilden, vermutet Wirtz. Die Strecke sei in 14 bis 15 Stunden zu schaffen und auf modernen Maschinen längst auch keine Tortur mehr. Wirtz: „Heutzutage haben Trecker Heizung und Klimaanlage und die Vorderachse ist gefedert. Das kann man aushalten.“
Die deutschlandweiten Proteste gegen die Ampel-Regierung hatten am vergangenen Montag ihren ersten Höhepunkt erfahren, doch auch in den Tagen danach machten die Landwirte auf sich aufmerksam. So trafen sich die Bauern aus Hilden zwei Tage später nicht zum ersten Mal an der Hochdahler Straße über der Autobahn 3. Hier und auch anderenorts habe man stets großen Zuspruch durch die Bevölkerung erhalten, berichtet Wirtz. „Alle zwei Sekunden wurde gehupt. Viele Menschen haben uns den Daumen nach oben gezeigt.“
Für den 15. Januar seien auch im Rheinland Aktionen geplant, diese sollen jedoch kleiner ausfallen als eine Woche zuvor. Von der Politik fühlen sich viele Landwirte nicht ernstgenommen. Wirtz: „Viele Politiker ignorieren die aktuelle Situation.“
Nicht in Ordnung seien die Versuche von Politik und Medien, die Proteste in die rechte Ecke zu stellen. „Ich habe in keiner Weise mitbekommen, dass sich Rechtsradikale unter uns gemischt haben. Ganz im Gegenteil: Wir achten darauf, was wir sagen und welche Schilder wir an die Trecker hängen.“ Auf vielen Schildern findet sich eine Botschaft, die die Situation aus seiner Sicht ganz gut beschreibt: „Wird der Bauer unbequem, ist er plötzlich rechtsextrem.“ Mit dem Vorwurf, dass dies tatsächlich der Fall sein könnte, unternehme die Politik den Versuch, die Bevölkerung zu spalten, findet der Hildener.
Das gelänge allerdings immer seltener, vermutet Wirtz. Die Resonanz der Menschen sei durchweg positiv. Bei einer Aktion am vergangenen Mittwoch sei durch rund 250 Trecker zwar der Verkehr in Düsseldorf teilweise lahmgelegt worden, doch nur vereinzelt habe er Autofahrer gesehen, die den Bauern einen Scheibenwischer oder den Stinkefinger gezeigt hätten. „Wir wurden von Menschen beklatscht, die auf Brücken und am Straßenrand standen.“ Einige hätten sich dem Tross spontan angeschlossen, darunter viele Handwerker.
Landwirte fühlen sich durch Bevölkerung unterstützt
Und doch lief am 10. Januar wohl nicht alles rund in der Landeshauptstadt. Dort übergab der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) im Rahmen seiner Aktion „5 vor 12“ an den Parteizentralen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine Resolution. Damit verbunden war die Hoffnung, dass „die Bundestagsabgeordneten zur Einsicht kommen und sich gegen die Pläne stellen, auch um stabile demokratische Verhältnisse und einen wettbewerbsfähigen starken ländlichen Raum zu sichern“, erklärte RLV-Präsident Bernhard Conzen.
Nach Angaben des Verbandes beteiligten sich mehr als 5000 Menschen im Rheinland an den Protesten. Conzen: „Die durchweg positive Resonanz der Bevölkerung vor Ort gibt uns Mut, dass wir mit unseren Forderungen den Rückenwind der Gesellschaft haben.“ Aber: In Düsseldorf wären mehr Landwirte mit ihren Treckern dabeigewesen, wäre der Protest anders organisiert worden, vermutet Wirtz. „Die Bauern aus dem Kreis Mettmann wären jedenfalls bereit gewesen, auch mit dem Trecker zu kommen.“