Bauernprotest im Kreis Mettmann Im Trecker-Tempo durch den Berufsverkehr

Kreis Mettmann · Der Ärger der Bauern war schon länger da. Die Streichung ihrer Dieselprivilegien hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Am Montag machten sie sich auf den Weg in die Landeshauptstadt.

Auf dem Weg durch Mettmann nach Düsseldorf reihten sich immer mehr Bauern in den Protestkonvoi auf der B7 ein.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Temperatur und Stimmung sind unter dem Gefrierpunkt – morgens um 6.15 Uhr auf dem Parkplatz des Raiffeisenmarktes, Zur Fliethe 37-39. „Wenigstens ist es trocken“, sagt der Mann, der aus der beheizten Kabine eines großen grünen Traktors steigt. Ein kurzes Kopfnicken der Umstehenden. Aus ihrer Sicht werden sie von der Ampel in Berlin im Regen stehen gelassen. Die Bauern des Kreises Mettmann wollen ihren Ärger und den Frust darüber auf die Straße bringen.

Während wegen der Kälte alle Umstehenden Dampfwolken vor Mund und Nase stehen haben, erläutert Anmelder Christian Gladbach, warum die Geduld der Bauern am Ende ist. Anders als in manchen Medien zu lesen sei, würden sie nicht insgeheim große Profite scheffeln. „Ich betreibe mit meiner Frau einen Bauernhof mit Ackerwirtschaft“, sagt Gladbach. Auf 200 Hektar Land sollten verschiedene Getreidesorten und Zuckerrüben wachsen. Sollten. „Im vergangenen Jahr war es erst zu trocken und dann zu nass“, sagt Gladbach.

Mit ihren Slogans an den Treckern betonten die Bauern, wie wichtig sie für die Gesellschaft sind.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Erst ging das Getreide und dann das Geschäft damit nicht auf. „Wir mussten ganz viel in die Tierfutterverwertung bringen. Wir bewirtschaften den Hof seit zwölf Jahren. Solche Ausfälle kannten wir bislang nicht.“ Selbst Senioren unter den benachbarten Bauern hätten mit den Köpfen geschüttelt. „So etwas hatten auch sie noch nicht erlebt.“ Einzig der Ertrag der zu einem „vernünftigen Preis“ zu verkaufenden Zuckerrüben glich den Verlust ein wenig aus. „Unterm Strich bleibt bei mir ein fünfstelliges, vielleicht sogar sechsstelliges Minus“, sagt Gladbach. 2023 sei noch nicht komplett abgerechnet.

Vehement wehrten sich die Bauern während ihres Protests gegen die Regierung auch gegen rechte Hetzer.

Foto: Dirk Neubauer

Hinzu komme die Auflage, vier Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen stillzulegen. „In der Autoindustrie würden Leute entlassen, wenn sie auf so viel Ertrag verzichten müssten“, schimpft Gladbach. Von den Bauern werde dies einfach so erwartet. Jeder Tropfen bringe da das Fass der schlechten Gefühle zum Überlaufen. So wie die jetzt teilweise wieder zurückgenommene Streichung des Diesel-Privilegs für die Bauern.

Elektro-Trecker gibt es noch nicht. Zwar sehen die stattlichen grünen Trecker eindrucksvoll aus, die auf dem Parkplatz des Raiffeisenmarktes vorfahren. „Doch fragen sie mal, welcher der Trecker schon voll bezahlt ist – das sind nur die wenigsten.“

Dass nun auch noch rechte Hetzer versuchen, auf dem Bauernprotest ihr trübes Süppchen zu kochen, macht Gladbach noch zorniger. Solche Leute wollen sie hier nicht im Konvoi dulden.

„Landwirtschaft ist bunt, nicht braun“ haben sie auf Plakaten stehen, die an vielen Treckertüren kleben. Gleich auf dem Weg in die Landeshauptstadt wollen sie in Kolonne hintereinanderfahren. Zum Abschluss zwei Traktoren nebeneinander, damit wenigstens heute niemand an den Bauern vorbeikommt. „Stopp“, sagt einer aus der Runde: „Meine Cousine ist hochschwanger. Da kann es minütlich mit der Geburt losgehen. Für solche Notfälle müssen wir Platz machen.“

Eine Rettungsgasse bilden – einhelliges Kopfnicken. Die Polizeieskorte bittet zusätzlich darum, nirgend anzuhalten. „An den Kreuzungen sperren wir dann ab.“ Das gelingt nur zum Teil, ist aber für die protestierenden Bauern kein Problem. Die anderen Verkehrsteilnehmer reagieren laut Markus Jäschke entspannt auf den Demonstrationszug. Er kommt aus Hilden über Erkrath hinzu: „Es gibt viel Zustimmung, beispielsweise von den Lkw-Fahrern, die uns entgegenkommen.“

Mit etwas mehr als 50 Traktoren starten sie in Wülfrath. Unterwegs reihen sich immer mehr Standeskollegen ein. Die aus Hilden und Erkrath kommen im Neandertal hinzu. Und auch der Parkplatz eines Golfklubs zwischen Mettmann und den Auffahrten zur Autobahn A3 ist Aufstellfläche für 80 weitere Traktoren.

Nach Köln fahren
die Bauern nun doch nicht

Am Ende sind mehr als 200 Fahrzeuge über die B7 in Richtung Düsseldorf unterwegs. Die Autobahnauffahrten und die A3 lassen sie links und rechts liegen. Ziel sind die Parkplätze der Messe Düsseldorf. Dort wollen sie sich mit weiteren Gruppen treffen und durch die Landeshauptstadt fahren. Den Plan, eine Großkundgebung von Bauern in Köln zu besuchen, haben sie in den vergangenen Tagen aufgegeben.