So werden Brachen ganz neu belebt
„Ein neues Gefühl für Stadt“: Architekt Jan Kampshoff kommt nach Hilden und referiert.
Hilden. „Stadt ist, wenn man darüber spricht“, hat Jan Kampshoff (Jahrgang 1975) einmal gesagt. Das trifft auch auf den Architekten aus Münster und seine Projekte zu. Über sie werden viel diskutiert. Etwa der temporäre Pavillon „Goldene Pracht“, den er zusammen mit Studenten für die Ausstellung „Mittelalterliche Kunst in Westfalen“ im Landeskunstmuseum Münster entwarf. „Jan Kampshoff ist einer der profiliertesten Querdenker in Deutschland, was alternative Nutzung angeht“, sagt der Hildener Architekt Christof Gemeiner.
Deshalb freut sich der Vorstandssprecher des Bundes Deutscher Architekten Bergisch Land, dass es gelungen ist, den kreativen Kollegen nach Hilden einzuladen. Er spricht am Dienstag, 26. September, um 19 Uhr im Stadthaus 21 (Walder Straße 24a) über „Gezielte Nadelstiche: Urbane Akupunktur“. Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte sich von diesem etwas rätselhaften Titel nicht abschrecken lassen. „Kampshoff ist sehr originell — und unterhaltsam“, verspricht Gemeiner. „Sein Büro ,modulorbeat’ in Münster entwickelt Zwischen-Nutzungen für Brachen oder leer stehende Gebäude und ist sehr gefragt — in ganz NRW.“
Leerstände und Brachen: Damit haben viele Städte zu kämpfen — auch Hilden und Haan. Seit mehr als zwei Jahren steht beispielsweise das Cafe Mommert an der Mittelstraße 1A direkt am Busbahnhof Gabelung leer. Gemeiner versucht, ein Konzept auf die Beine zu stellen. Seine Idee: Künstler des Vereins Haus Hildener Künstler verkaufen dort ihre Bilder, bis eine neue Nutzung gefunden worden ist. „Wenn ein Ladenlokal bespielt wird, ist es für den Eigentümer leichter, es wieder zu vermieten.“
Diese Erfahrung bestätigt sein Vorstandskollege Jochen Siebel aus Haan. „Wir haben die Tierklinik Neandertal in einer ehemaligen Produktion untergebracht. Wir mussten zwei Jahre suchen, dann hatten wir den Richtigen gefunden — und es hat funktioniert.“ Ein anderes Beispiel sei das Haaner Jugendcafé, das eine Gruppe engagierter Bürger in einer ehemaligen Eisdiele an der Kaiserstraße eingerichtet hat. Siebel hat in Haan auch die „Alte Pumpstation“ mit Büros und einem Ausstellungsraum neu belebt und gerade einen modernen Erweiterungsbau fertiggestellt.
„Die Mischung macht’s — ein neues Gefühl für Stadt“: So heißt die Veranstaltungsreihe, zu der der Bund Deutscher Architekten im Herbst einlädt. „Es geht darum, wie wir in Zukunft in der Stadt leben und arbeiten wollen“, fasst Christof Gemeiner zusammen. Co-Living heißt ein neues Wohnmodell: Die Wohnungen werden kleiner (auch wegen der hohen Mieten). Bei Bedarf können aber gemeinsam genutzte Räume (Gästezimmer, Büros) dazu gebucht werden. Ähnlich funktioniert Co-Working: eine Mischung aus Großraumbüro und Café mit der nötigen technischen Infrastruktur. Das sei besonders bei jungen Kreativen des Digitalen Zeitalters angesagt. Für das neue Stadtgefühl hat Gemeiner aber auch ein Beispiel aus Hilden zur Hand: das neue Gemeindezentrum der Pfarre St. Jacobus. Ein Hingucker am Ende der Fußgängerzone.
Dieser Platz sei schon ungewöhnlich genug. Die Kirche hat mit dem „Atrium“ ein nicht nur architektonisches Ausrufezeichen in der Innenstadt gesetzt. Wie sich das für die Gemeinde anfühlt, dazu wird am 26. September Peter Stuhlträger, Mitinitiator des Projekts und Kirchenvorstand, etwas sagen. Architektin Christiane Gerold-Tenbuhs steuert bei der Podiumsdiskussion Beispiele aus der Nachbarstadt Solingen bei. Der Eintritt ist frei. Der Bund Deutscher Architekten Bergisch Land bittet um eine kurze, formlose Anmeldung per E-Mail.
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