Soldaten strecken die Waffen
Die Tollitäten haben Donnerstag trotz heftiger Gegenwehr das Rathaus und die Waldkaserne gestürmt.
Hilden. Belagern, verhandeln, stürmen — die Methode zur Eroberung einer Festung hat sich seit der Antike kaum verändert. Auch Seine Tollität Prinz Hildanus Daniel I. griff Donnerstag beim Rathaussturm tief in die Trickkiste, um Bürgermeister Horst Thiele und seine Rathauspfeifen zu entmachten. Als Vorbild diente ihm der Trojanische Krieg.
Ein überraschender Angriff war es in diesem Fall nicht. Schon zeitig versammelten sich bis zu 250 Möhnen und Karnevalisten vor dem Bürgerhaus. Dessen Eingang war mit einem Holzzaun verbarrikadiert. Als Seine Tollität um 11.11 Uhr erschien, stieg die Zuversicht beim jecken Volk. „Die haben keine Chance, wir kommen trotzdem rein“, sagte Möhne Moni.
„Hast Du nichts Besseres zu tun, als hier auf der Straße Krach zu machen?“ Der Bürgermeister zeigte sich wenig beeindruckt vom Aufzug des Prinzen, der vom Tambourcorps Hilden-Süd zum Bürgerhaus geleitet wurde. Trotz technischer Probleme mit dem Mikrofon setzte Seine Tollität zunächst auf Verhandlungen. Doch selbst die Mitleidstour („Meine Prinzessin ist krank, die Kinderprinzessin auch“) brachte keinen Erfolg. Folglich griffen seine Mitstreiter zur Kettensäge. Aber auch die streikte. Mit Muskelkraft rissen die Karnevalisten schließlich die Absperrung ein.
Dahinter wartete die Eingangstür. Abgeschlossen. Da kam dem Prinzen die rettende Idee. „Ich schicke Dir 26 hübsche Mädchen“, rief er dem Bürgermeister zu und beorderte die Tanzgarde der Großen Hildener Karnevalsgesellschaft ins Bürgerhaus. Die erwies sich dann als das berühmte Trojanische Pferd. Ihre Lieblichkeit Prinzessin Hildania Sabine I. und Kinderprinzessin Hildania Lena hatten sich unter die Tänzerinnen gemischt.
„Itter, Itter, helau“, schallte es von der Straße, als Ihre Lieblichkeit auf dem Balkon des Bürgerhauses den Stadtschlüssel präsentierte und dem Prinzen zuwarf. Jetzt wartete nur noch ein Hindernis auf die jecke Schar: Durch ein Meer von Luftballons bahnte sie sich ihren Weg in den Alten Sitzungssaal. Noch viele Minuten lang klangen die platzenden Ballons wie Salutschüsse zu Ehren der neuen Stadtoberhäupter.
Mit diesem Erfolg gaben sich die Tollitäten aber noch nicht zufrieden. Vier Stunden später bauten sie sich mit ihren bunt kostümierten Anhängern vor der Waldkaserne auf. Dort gab es erstmals eine Einlasskontrolle (siehe Info-Kasten), um den Freunden des übermäßigen Alkoholkonsums den Zutritt zu verwehren. „Das ist in Ordnung, wenn die Leute sich nicht benehmen können“, sagte Melanie Hümbs. Sie hat früher im Tanzcorps der Kniebachschiffer getanzt, jetzt tanzt ihre Tochter bei den CCH-Flöhen.
Randalierer konnten die Soldaten zwar abwehren, gegen die närrische Übermacht der etwa 300 Möhnen und Karnevalisten hatten sie aber keine Chance. Nachdem Seine Tollität auf einem Hubsteiger das Kasernentor überwunden und sein Volk auf das Kasernengelände gelassen hatte, standen die mit Schilden und Schlagstöcken bewaffneten Feldjäger eines ausgebildeten Zugriffstrupps nur noch Spalier.
Zur Musik des Ausbildungsmusikkorps streckte der Kasernenkommandant, Major Dirk Oehmichen-Dau, die Waffen (eine Wasserpistole) und geleitete die jecken Besucher zur Siegesfeier in die alte Truppenküche der Kaserne. Dort wurde die Machtübernahme der Karnevalisten gefeiert — bei Freibier. „Der Spaß steht immer noch im Vordergrund“, sagte Stabsfeldwebel Sebastian Mense.