Stadt kann vom Bauverein lernen
Wohnungsbaugenossenschaften bieten sich als Alternative an, wenn es darum geht, günstigen Mietraum zu finden.
Haan. Laut der Internet-Plattform Immobilienscout 24 beträgt die Kaltmiete in Haan aktuell im Schnitt 7,30 Euro pro Quadratmeter. Auf dem Portal werden 49 Mietwohnungen angeboten. Der Bauverein Haan bietet seine 17 seniorengerechten Wohnungen an der Nordstraße/Ellscheider Straße (fertig im September/Oktober) für neun Euro kalt an (plus drei Euro Nebenkosten) — und stößt damit für eine Genossenschaft preislich in eine neue Dimension vor. Die Neubauwohnungen verfügen über einen hohen Wärmeschutzstandard, Aufzug und Tiefgarage. 6,8 Millionen Euro investiert die Genossenschaft in das Großprojekt, in dem auch die neue Geschäftsstelle sein wird.
Für den Geschäftsführenden Vorstand Uwe Schmidt gut angelegtes Geld. Denn mit den 17 barrierefreien Wohnungen am Rande der Innenstadt will sich der Bauverein eine Kundenschicht erschließen, die auch in Haan wächst. Es gibt immer mehr Ältere, die sich von ihrer Immobilie trennen möchten, bevor die zur Last wird. Eigentumswohnungen haben einen großen Nachteil. In der Regel gibt es auch noch andere Miteigentümer, was Konflikte und Streit mit sich bringt. Normale Mietwohnungen können verkauft und vererbt werden, der Vermieter kann bei Eigenbedarf kündigen. Viele Mieter sorgen sich wegen der ständig steigenden Mieten.
Als Alternative bieten sich da Wohnungsbaugenossenschaften an. Sie sind Wohnungsbauunternehmen, die ihre Mitglieder dauerhaft mit günstigem Wohnraum versorgen. Anders als börsennotierte Wohnungsunternehmen wollen und müssen sie nicht eine möglichst hohe Rendite erzielen. Genossenschaften müssen Geld verdienen, aber nur so viel, um ihren Bestand modern zu halten. Die Mitglieder sind Miteigentümer. Sie schließen keinen Miet-, sondern einen Nutzungsvertrag ab, der ihnen ein lebenslanges Wohnrecht garantiert.
2009 errichtete der Bauverein Haan am Finkenweg in zwei Neubauten die ersten 17 seniorengerechten Wohnungen. Kaltmiete: sieben Euro. „Alle Wohnungen waren sofort weg“, erinnert sich Schmidt. Nachfrage für die neuen Seniorenwohnungen an der Nordstraße gebe es bereits — überwiegend aus dem Bestand. Der Bauverein wird die barrierefreien Wohnungen aber auch aktiv vermarkten. Wer einziehen will, muss vorher Mitglied der Genossenschaft werden. Der Bauverein hat rund 1000 Mitglieder. „Der Stand stagniert, weil wir keine Mitglieder auf Vorrat aufnehmen“, erläutert Schmidt.
Finanziell ist der Bauverein gut aufgestellt. Die Bilanzsumme betrug 2014 36,4 Millionen Euro, der Jahresüberschuss 420 000 Euro. 342 000 Euro stellte die Genossenschaft in die Rücklage, 67 000 Euro wurden als Bilanzgewinn an die Mitglieder ausgeschüttet.
Die Stadt Haan muss in den nächsten Jahren günstigen Wohnraum schaffen — auch wegen der Flüchtlinge. Da würde sich doch der Bauverein Haan als Ansprechpartner anbieten. Ein lokales Wohnungsbauunternehmen mit viel Know how. Problem: Auch in Haan fehlen passende Grundstücke. Die könnte die Stadt Haan zur Verfügung stellen — und dem Bauverein den Bau und die Unterhaltung der Wohnungen überlassen. Das komme auf den Einzelfall an, hält sich der Bauverein-Chef bedeckt. Fünf Wohnungen hat der Bauverein bereits an Flüchtlinge vermietet.