Bundesdrogenbeauftragter in Haan Viel Kritik an Cannabis-Legalisierung

Haan · Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert folgte einer Einladung der Jusos, um über die Zukunft der Cannabis-Politik zu debattieren. Nicht alle freuen sich über die angekündigte Legalisierung.

Bundesdrogenbeauftragter Burkhard Blienert bei der lebhaften DIskussion in den Räumen der Awo.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

. Es war ein spannender Themenabend, zu dem die Jungsozialisten aus Haan und Gruiten ins Awo-Haus eingeladen hatten: Gut ein Dutzend Besucher hatte sich eingefunden, um zu hören, was der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert über eine künftige Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu erzählen hatte. Diskutiert wurde über den mittlerweile vorliegenden Gesetzesentwurf, dessen erste Lesung für diesen Freitag im Bundestag anberaumt ist. Der Entwurf, an dem viele Fachleute, Verbände, Organisationen, Politiker und nicht zuletzt auch der Bundesdrogenbeauftragte selbst mitgearbeitet haben, ist ein mehr als 200-seitiger Wälzer geworden, in dem zwar viele Aspekte beleuchtet und viele Regeln aufgestellt werden, aber der längst noch nicht alle Fragen klärt, wie im Laufe des Abends deutlich wurde.

Blienert hält Cannabis-Legalisierung für längst überfällig

Burkhard Blienert (Jahrgang 1966) wurde Anfang vergangenen Jahres von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung ernannt. Ob er denn selbst schon einmal Cannabis konsumiert habe, wollte Juso-Vorsitzender Dominic Budych wissen. Als „Landei“ im pfälzischen Braubach geboren und aufgewachsen in Ostwestfalen-Lippe, verriet Blienert, habe er viel im Karneval gefeiert, „wo andere Drogen konsumiert werden.“ Gekifft, sagte er dann, habe er selbst noch nie. Drogenerfahrungen seien auch keine Voraussetzung für den Posten des Bundesdrogenbeauftragten. In dieser Position gehöre es zu seinem Job, die Bundesregierung bei Sucht- und Drogenthemen zu beraten.

Cannabis, sagte Blienert, sei ein großes Thema. Das größte Problem allerdings sei der Alkohol. „Warum ist Cannabis verboten, Alkohol aber nicht?“, wollte Budych wissen. Blienert berief sich auf die Geschichte, verwies auf das Prohibitionsgesetz der USA. Er erzählte, dass mit der Aufhebung der Prohibition (1920-1933) das bis dato zuständige Ministerium seine Daseinsberechtigung verlor. Statt Alkohol wurde Cannabis auf die Prohibitionsliste gesetzt, damit das Ministerium wieder Arbeit hatte. „Und da die USA ein starkes Gewicht auf der Welt haben, zogen die meisten Länder mit.“

Blienert argumentierte, dass eine Cannabis-Legalisierung längst überfällig sei. Seit den 1990er-Jahren sei es zwar legal zu konsumieren, Anbau, Handel und Vertrieb seien jedoch weiter unter Strafe gestellt. Das funktioniere nicht, weil die Justiz dadurch viel Arbeit habe. „Es besteht Handlungsbedarf, um die staatliche Kontrolle zurückzuerlangen.“ Eine Legalisierung könne auch den Schwarzmarkt unterbinden. Cannabis könnte zudem unter Qualitätsstandard gestellt werden. Der jetzige Gesetzesentwurf, das betonte Blienert, sei zudem keine volle Legalisierung, vielmehr eine Regulierung. Denn der Verkauf an Minderjährige werde verboten, Werbung sei nicht erlaubt. Ein Großteil der Steuereinnahmen, die durch den Verkauf zu erwarten seien, müsse in die Prävention und Aufklärung fließen.

Ratsmitglied Meike Lukat (WLH) kritisierte, dass Arbeit und Kosten für Kontrolle und Prävention auf die Kommunen abgewälzt würden. Außerdem befürchtet die Polizeihauptkommissarin, dass die Legalisierung oder Regulierung zu einem deutlichen Konsum-Anstieg führen würde, ähnlich wie beim Glücksspiel. „Die Öffnung der Glücksspiele hat mehr Spielsüchtige produziert.“ Letzterem musste Blienert zwar zustimmen, er ging aber nicht davon aus, dass es bei Cannabis ähnlich verlaufe. Das zumindest zeige die Entwicklung in jenen Staaten, die eine Aufhebung des Verbots bereits umgesetzt hätten.

„Und wie soll es bei den vorgeschriebenen Frühinterventionsmaßnahmen laufen? Da werden wir ein unglaubliches Problem bekommen, weil wir weder in den Jugendämtern, noch bei Polizei und Ordnungsamt genügend Leute dafür haben“, kritisierte Lukat. Unter diesen Umständen ließe sich die organisierte Kriminalität wie bisher nicht mehr bekämpfen. Im Gegenteil: „Mit dem Referentenentwurf arbeitet man der organisierten Kriminalität zu“, urteilte Lukat. Das werde nicht passieren, gab Blienert zurück, solange die Bundesregierung „eine gute Drogenpolitik macht“.