Wie lesen Freude macht
45 Lernpaten üben mit Haaner Schülern Buchstaben und Wörter und lesen mit ihnen erste Bücher.
Haan. Rund 45 ehrenamtliche Leselernhelfer sind unter der Schirmherrschaft von Angelika vom Bovert-Zybura unterwegs an Haaner Schulen, um die Kinder beim Lesenlernen zu unterstützen. Je nach Bedarf helfen die „Mentoren“ ein- bis zweimal in der Woche für rund 20 Minuten. Jedes Kind hat einen „eigenen“ Lernpaten. „Denn das Leseverständnis ist die Grundlage für alle anderen Schulfächer“, glauben die Lernpaten.
„Nicht nur die Lehrer schätzen unsere Arbeit sehr“, weiß Gudrun Obermeier. „Besonders die Kinder lechzen regelrecht nach Anerkennung.“ „Wir verwöhnen, wir helfen, wir geben keine Noten“, ergänzt Barbara Olbertz. „Deshalb können wir auch ganz anders hinhören.“ Und so kommt hin und wieder zum Vorschein, dass hinter der vermeintlichen Lernschwäche etwas ganz anderes steckt. „Wenn die Kinder Vertrauen gefasst haben, erzählen sie uns auch von ihrem Kummer.“ Und auch den versuchen die Lesehelfer zu lindern oder zu lösen. Doch es geht um viel mehr als Lesen lernen. Ingeborg Stelzer: „Der Erfolg stärkt das Selbstbewusstsein und stützt die Persönlichkeit.“ Barbara Olbertz erinnert sich an eine junge Schülerin, die lange herumdruckste, bis sie endlich erzählte, dass ihr etwas schwer auf dem Herzen lag. „Ich habe versucht, das Mädchen stark zu machen; ihr beigebracht, dass man auch höflich ,Nein’ sagen kann.“ Mit Erfolg. Das Lesen kam dann so „nebenbei“.
Auch Gudrun Obermeier erinnert sich an einen Schüler, den sie von der zweiten bis zur vierten Klasse betreut hat: „Der junge Mann tat sich sehr schwer mit dem Lesen. Doch zu Beginn der sechsten Klasse stand er in der Kirche und las fehlerfrei und ohne Angst einen Text zur Eröffnung des Gottesdienstes. Ich war zutiefst gerührt.“ So innig die Beziehung zu den Lesepaten auch ist: „Man muss loslassen können“, sagt Barbara Olbertz. Und es macht auch stolz, wenn die Kinder so weit sind, dass sie ihren eigenen Weg gehen können.“ Stolz sind auch die Kinder. Wenn sie endlich ihr erstes Buch gelesen haben, möchten sie es am liebsten der ganzen Welt mitteilen. Nicht selten springen sie über ihren Schatten und stellen das Lieblingsbuch vor der ganzen Klasse vor. Von „Sorgenkind“ keine Spur mehr.
Vor fünf Jahren bildete sich die Gruppe der Leselernhelfer in Reaktion auf die Pisa-Studie. Die darin aufgezeigten Defizite im sprachlichen Bereich haben negative Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung und soziale Integration der jungen Menschen. Dem wollten die Leselernhelfer aktiv begegnen. Die förderungsbedürftigen Schüler werden mit Zustimmung ihrer Eltern und in enger Zusammenarbeit mit den Lehrkräften vor Ort ausgesucht.