Bildungspaket läuft schleppend
934 Familien haben bisher einen Zuschuss für das Mittagessen oder das Fußballtraining ihrer Kinder beantragt.
Monheim. Arm ist nach Definition der EU, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Netto-Einkommens zur Verfügung hat. In Deutschland bedeutet das für eine Mutter mit zwei Kindern, weniger als 1440 Euro im Monat zum Leben zu haben.
Für die betroffenen Kinder sind solche Rechnungen Zahlenspiele. Armut bedeutet für sie ein knurrender Magen, wenn die Klassenkameraden mittags in der Mensa essen oder, dass sie zu Hause bleiben müssen, wenn die Kumpels zum Fußballtraining fahren.
Damit Kinder künftig nicht mehr ausgegrenzt werden, weil das Portemonnaie der Eltern leer ist, wurde im März dieses Jahres vom Bund eine Reform der Sozialgesetze verabschiedet, die unter dem umgangssprachlichen Titel „Bildungspaket“ bislang für reichlich Schlagzeilen gesorgt hat.
Unter anderem können Empfänger von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Wohngeld für ihre Kinder zusätzliche Leistungen für Nachhilfe, Mittagessen in Kitas und Schulen oder Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen beantragen.
Bundesweit sind die Reaktionen der Empfangsberechtigten jedoch recht verhalten. Dieser Trend lässt sich auch auf Monheim übertragen. „Es lief ziemlich schleppend an“, sagt Dietmar Marx vom Bereich Ordnung und Soziales der Stadt.
Abschreckend sei für viele der hohe bürokratischen Aufwand. „Es ist schon mühselig“, sagt Marx. „Das Paket wurde mit der heißen Nadel gestrickt, und wir als Kommunen müssen jetzt gucken, wie wir das umsetzen.“
Wenn die Unterlagen vollständig eingehen, dauere die Bearbeitung ein paar Tage. „Wir klotzen richtig ran“, sagt Marx. Die Kommune ist für Anträge von Empfängern von Sozialhilfe, Wohngeld und Kinderzuschlag zuständig. Das sind rund 600 Berechtigte.
270 von ihnen haben bislang einen Antrag gestellt. Die meisten Antragsteller (172) erhielten Schulbeihilfe, eine Pauschale in Höhe von 70 Euro für Schulutensilien wie Ranzen.
Auf den Plätzen zwei und drei rangieren Anträge für den Zuschuss zum Mittagessen (130) und zur Teilhabe an Kultur, Sport und Freizeit (102).
Im Juni hat die Stadt Infobriefe an alle Berechtigten verschickt, danach stieg die Zahl der Anträge von fünf Prozent der Berechtigten auf 34 Prozent. Zudem werden laut Marx Broschüren auf Türkisch, Arabisch und Russisch in Moscheen und Kitas ausgelegt.
Das Jobcenter ist für Anträge von Empfängern von Arbeitslosengeld II- und Sozialgeld-Beziehern zuständig. Dort sind bis gestern 664 Anträge eingegangen. „Das ist etwa ein Drittel der Berechtigten“, sagt Bernhard Hildebrandt. Die Bearbeitungszeit liegt bei rund drei Wochen.
Der Grund: „Die Umsetzung war lange nicht klar geregelt, deshalb sind einige Anträge zunächst liegen geblieben. Zudem gehen viele Unterlagen unvollständig ein“, sagt der Bereichsleiter der Verwaltung.