Bluttat war „nur“ Körperverletzung
In einer Flüchtingsunterkunft wurde ein Mann schwer verletzt, ein anderer randalierte. Die Stadt Langenfeld sieht kein grundsätzliches Problem und spricht von Zufall.
Langenfeld. Jede Menge Blutspritzer vor der Haustür, Ermittler der Mordkommission in blauen Schutzanzügen, Notarztwagen — das Bild, das sich Außenstehenden am Sonntagnachmittag vor einer Woche vor einem Flüchtlingshaus am Fahlerweg bot, deutete auf Dramatisches hin. Und tatsächlich sprach die Polizei wenig später von einem „versuchten Tötungsdelikt“. Im Laufe des Abends entpuppte sich die Langenfelder Bluttat indes „nur“ als Körperverletzung mit recht glimpflichen Ausgang im Zuge eines Streits zwischen zwei Asylbewerbern: „Der Geschädigte konnte das Krankenhaus nach unseren Informationen bereits wieder verlassen“, sagte Ulrich Löhe von der Kreispolizei gestern.
Warum ging die Kripo zunächst von einem Tötungsversuch aus? „Weil der Verletzte eine stark blutende Kopfwunde hatte und nicht ansprechbar war“, sagte Löhe. Deshalb sei mit dem Schlimmsten gerechnet worden, hinsichtlich der Tatumstände wie auch der Schwere der Verletzung. Ein Rettungshubschrauber brachte den Verletzten in die Düsseldorfer Uniklinik. Dort erst sei festgestellt worden, dass die Verletzung schwer, aber nicht lebensbedrohlich war.
Der mutmaßliche Täter wurde zunächst festgenommen, ist aber laut Löhe wieder auf freiem Fuß. Bei beiden Streitbeteiligten handele es sich um Iraker. Der Tatverdächtige ist 29, das Opfer 32 Jahre alt. „Der eine hat dem anderen mit einem Gegenstand gegen den Kopf geschlagen“, erklärte Löhe. Weitere Details nannte er wegen der laufenden Ermittlungen nicht. Der Vorwurf lautet nun Gefährliche Körperverletzung.
Nach Angaben der Stadt waren in dem Wohnhaus zum Tatzeitpunkt sechs Asylbewerber untergebracht. „Die maximale Belegungszahl beträgt 13“, sagte Marion Prell, Vizechefin im Rathaus, gestern. Und wies den Verdacht zurück, beengte Wohnverhältnisse könnten den Konflikt gefördert haben: „Bei sechs Bewohnern von möglichen 13 darf von einer eher lockeren Belegung gesprochen werden.“ Allerdings gab es erst vor einer Woche eine Randale in einem Asylheim an der Albert-Einstein-Straße, einem Standort mit etwa 220 Bewohnern. Der Anstifter, ein Mann aus Ghana, trat eine Tür ein. Nachdem der Hausmeister Alarm geschlagen hatte, schritt die Polizei ein. Bei dem Ghanaer, der laut Prell schon vorher auffällig geworden war, wurden Drogen gefunden. Er kam in eine andere Unterkunft.
Die Polizei sieht keinen Zusammenhang zwischen den Vorfällen. Auch für Prell ist die zeitliche Nähe Zufall: Von einer Häufung von Gewalttaten in Langenfelder Asylheimen sei ihr nichts bekannt. „Für die beiden Taten tragen allein diejenigen, die sie sie ausgeübt haben, die Verantwortung“, sagte die Erste Beigeordnete. Die Stadt versuche, die Flüchtlinge so auf die Unterkünfte zu verteilen, dass das Streitpotenzial minimiert wird: „Asylbewerber, bei denen es untereinander Probleme geben könnte wegen der ethnischen oder der Religionszugehörigkeit, bringen wir nach Möglichkeit nicht gemeinsam unter“, so Prell. Selbiges gelte für Personen, von denen man wisse, dass sie sich nicht leiden können.
Ordnungsamt und Polizei stellten in einem Bericht vom 14. Juni eine „eher höhere Zahl von Anzeigen“ in Langenfelder Unterkünften fest im Vergleich zu anderen Städten. Genannt wurden Körperverletzung, aber auch Diebstahl und Drogendelikte. Dies sei indes der Aufmerksamkeit des Sicherheitsdienstes geschuldet, schrieb die Polizei. Die Lage in den Unterkünften sei „in jeder Weise unauffällig“. Laut Prell entlastet die private Security den städtischen Ordnungsdienst besonders außerhalb der Dienstzeiten. Kontrolliert würden aber nur die größeren Unterkünfte. Insgesamt leben in Langenfeld zurzeit rund 700 Asylbewerber — in der Spitze Anfang 2016 war es knapp 1000. Etwa zwei Drittel sind Männer. Größte Altersgruppe sind die 20- bis 35-Jährigen.