Dem Asphalt ganz nah
Günter Cramer fährt einen Triumph TR 6 aus dem Jahr 1972. Er hat ihm ein neues Gefühl von Freude am Fahren vermittelt.
Langenfeld. Günter Cramer greift mit der Hand durch das Lenkrad, steckt den Schlüssel in das Zündschloss. Das Armaturenbrett ist aus hellem Wurzelholz, die Schalensitze aus schwarzem Leder. Nur die Halterung für das Navigationsgerät stört die Illusion, sich gerade in den 70er-Jahren zu befinden. Der Motor heult auf — Cramer lächelt.
Es ist das Leuchten in seinen Augen, das seine Frau erwähnt, wenn sie über dessen Oldtimer-Liebe spricht. Und das auch sie anstiftete, die Freizeit mit ihrem Ehemann ganz nah am Asphalt zu verbringen. Denn mit dem Triumph TR 6 aus dem Jahr 1972 habe das Paar ein völlig neues Fahrgefühl kennengelernt. „Da hat man den Kontakt zur Straße“, sagt der 66-Jährige über den weißen Zweisitzer.
Fahrzeuge waren schon immer Cramers Leidenschaft. Schon als Fünfjähriger kletterte er auf Opas Motorrad herum und posierte für das Familienalbum. Als er endlich den Führerschein in der Tasche hatte, kaufte er sich sein eigenes „Cremeschnittchen“, einen Renault 4 CV. Früh begeisterte er sich für den Motorsport. „Aber es ging mir immer um das fahrerische Können“, sagt Cramer. Fahrlehrgänge auf dem Nürburgring oder Slalomstrecken auf dem Wuppertaler Bahnhofsvorplatz — Cramer ging es nie um die Schnelligkeit. Mit seinem gegründeten Club Motorsport Cronenberg wollte er Fahrern von „aufgeblasenen Autos“ animieren, das disziplinierte Fahren zu lernen, das Auto zu beherrschen. Bei Ehefrau Heike klingt der Grund für Cramers Interesse am Motorsport nicht ganz so tiefsinnig: „Brumm, brumm“, sagt sie und lächelt ihren Mann liebevoll an.
Die Familie sei immer dabei gewesen, wenn Günter Cramer sich Tourenwagen-Rennen auf dem Nürburgring angesehen habe oder Automessen besuchte. „Unser Sohn wuchs praktisch auf der Rennstrecke auf“, sagt Cramer.
Heike Cramer unterstützte ihren Mann auch, als er sich 1990 mit dem Oldtimer-Virus infizierte, wie er selbst sagt. Eine Messe hatte ihn inspiriert, der Wunsch nach den alten Schätzen wurde größer. Erst mietete er sie fürs Wochenende, doch bald reichte ihm das nicht mehr aus. Er wollte seinen eigenen. „Ich hörte davon, dass es in Langenfeld eine Interessengemeinschaft von Liebhabern alter Fahrzeuge gibt und wollte mich einfach mal informieren.“ Wenige Monate später stand der Triumph vor der Haustür. Knapp 15 000 Euro legte Cramer für das Auto hin, ein Schnäppchen, wie er sagt. 96 PS schlummern unter der Motorhaube.
„Das Auto passt zu uns“, sagt Cramer. Der Roadster sei sportlich, dynamisch. Viele Rallyes hat der Wagen bereits hinter sich — Ehefrau Heike hat das Kartenlesen perfektioniert. Einmal ging es sogar nach England. „Wir wollten den Wagen einmal in seine Heimat bringen. Doch die Luft gefiel ihm offensichtlich nicht.“ Der Motor gab seinen Geist auf. Es sollte aber das einzige Mal bleiben. Abgeben will Cramer den Wagen nicht mehr. „Wenn man den einen bekommen hat, der zu einem passt, warum dann einen anderen nehmen?“, fragt Cramer. Und das denkt auch seine Frau.