„Kleine Geschäfte sterben aus“
Mit Sass am Markt ist der nächste Einkaufsriese in der Stadt. Was sagen die Einzelhändler dazu — Konkurrenz oder Segen?
Langenfeld. Ein großer Aufsteller soll Kunden in das Geschäft von Gudrun Richardt locken. „Noch mal 20 Prozent auf reduzierte Ware“ — wirbt das Schild auf dem Bürgersteig. Im „Wohnaccessoires Ideenreich“ an der Solinger Straße ist es dennoch ruhig. Aus „Depot“ im Sass am Markt kommt dagegen ein Kunde nach dem nächsten mit dem Arm voller Tüten heraus. „Die haben momentan 30 Prozent reduziert. Wie soll ich da als kleiner Einzelhändler mithalten?“, fragt Gudrun Richardt.
Da ist sie nicht die einzige. Immer mehr große Ketten zieht es nach Langenfeld, zuletzt eröffnete der Bekleidungsriese H&M. Was sagen die kleinen Geschäfte rund um die Einkaufszentren Stadt Galerie, Marktkarree und Sass am Markt zur Konkurrenz um die Ecke? Die WZ hat sich umgehört.
„Im Grunde würde die Stadt Galerie für Langenfeld vollkommen ausreichen. Das Marktkarree ist überflüssig“, sagt Fred Bogdan, Inhaber des Schreibwarengeschäftes „Das Papier“. „Wir ziehen bald zwar um, aber aufgrund der Räumlichkeiten.“ Der neuste Einkaufsmagnet, Sass am Markt, sei für ihn keine Konkurrenz — Hefte, Stifte und Co. sind dort nicht zu kaufen.
Anne König ist sich noch nicht so ganz sicher, was sie von dem neuen Nachbarn halten soll. Ihr kleiner Laden „Verpackungen — Ideen und mehr“ liegt schräg gegenüber an der Solinger Straße. „Bisher habe ich keine Einnahmeeinbußen, aber wer weiß, wie das Weihnachtsgeschäft laufen wird“, sagt sie. Um mit der Wohnaccessoires-Kette mithalten zu können, setzt sie auf Qualität und Service. „Ich habe Einzelstücke und ausgefallene Waren, keine Massenprodukte. Außerdem packe ich auf Wunsch kostenlos ein und bringe die Sachen sogar zu den Kunden nach Hause.“
Gudrun Richardt bereitet die Konkurrenz mehr Bauchschmerzen. „Bald gibt es keine kleinen Läden in Langenfeld mehr. Die sterben aus.“ Erst vergangenes Jahr hat sie das Geschäft mit ihrer Tochter übernommen. „Hätte ich da schon gewusst, dass Depot kommt, hätte ich das nicht gemacht.“ Jetzt bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihr Sortiment umzustellen. „Statt auf billige Bilderrahmen setzte ich auf Silberrahmen.“ Überhaupt sei Markenware wichtig als Unterscheidungsmerkmal. „Nur Lampen gibt es drüben kaum. Die gehen noch gut“, sagt Richardt.
Bei der Boutique „Vision&Style“ am Marktplatz hat H&M laut Verkäuferin Gabriele Skorek keinen Einfluss aufs Geschäft. Auch wenn eine Kundin gerade versucht, um den Preis zu feilschen. „Bei H&M habe ich einen ähnlichen Mantel viel günstiger gesehen“, versucht sie die bereits reduzierte Ware herunter zu handeln. „Wir haben aber eine viel bessere Qualität“, kontert Skorek. Genau das unterscheide sie von der schwedischen Kette. „Unsere Kundschaft ist außerdem eher älter. Die kaufen dort nicht ein.“
Schräg gegenüber hängen Jeans und bunte T-Shirts im Schaufenster. Bei „Sort’i“ will man junge Langenfelder ansprechen. „Einige Kunden gucken schon, bevor sie bei uns etwas kaufen, bei H&M. Aber sie kommen oft zurück, weil wir individuelle Teile haben“, sagt Verkäuferin Zumia Cesarina.
Ein Geschäft scheint die Konkurrenz nicht überlebt zu haben. Die Räume vom Einrichtungsladen „Wohnbar“ am Marktplatz stehen leer.