Die Bäche dürfen sich wieder ausbreiten
In Langenfeld gibt der Bergisch-Rheinische Wasserverband den begradigten Bachläufen verstärkt ihre natürliche Struktur zurück.
Langenfeld. Spätestens seit den jüngsten Überschwemmungen in Süddeutschland sind technokratisch begradigte Bäche in Verruf geraten. Nach Starkregen hatten sie sich in mehreren Städten in reißende Flüsse verwandelt, hatten Autos, Bäume und Häuser beschädigt, sogar Menschen starben in den Fluten. In den begradigten Langenfelder Bächen seien ähnliche Schreckensszenarien aufgrund der flacheren Landschaft nicht zu erwarten, sagt Kristin Wedmann vom Bergisch-Rheinischen Wasserverband (BRW). Doch sollten solche in Rohre und offene Kanäle gezwängten Gewässer dort, wo es möglich ist, renaturiert werden.
FrankGrittner, BRW-Betriebsleiter
Seit drei Jahren ist der BRW in Langenfeld verstärkt dabei, Bäche aus ihrem Betonkorsett zu befreien und das Bachbett durch Baumstümpfe, Mini-Inseln und Uferpflanzen so zu gestalten, dass sich das Wasser je nach Breite und Tiefe mal schnell, mal langsam schlängelt — was gut für den Sauerstoffgehalt ist. Nach dem Galkhausener Bach im Park des Kulturzentrums 2013 und dem Burbach im Landschaftspark Fuhrkamp 2014/15 hat zuletzt der Reusrather Bach an der Wiesenstraße mehr Platz bekommen, sich beiderseits einer Baumreihe auszubreiten. Im Falle einer nach Starkregen deutlich steigenden Wasserzufuhr dient er laut Wedmann als Rückhaltebecken; so dass sich eine Überschwemmung der Reusrather Ortsmitte wie vor wenigen Jahren nicht wiederholen dürfte.
Nach Wedmanns Angaben gehen die Renaturierungen auf eine Richtlinie der Europäischen Union zurück, nach der Rheinzuflüsse ökologisch aufgewertet werden sollen. „In Langenfeld gehören der Galkhausener Bach und der von Solingen her durchs nördliche Richrath fließende Viehbach zu diesen Gewässern, über deren Zustand das Land nach Brüssel berichten muss.“
Wer sich im Park des Kulturzentrums den auf 130 Metern Länge renaturierten Galkhausener Bach ansehen möchte, muss indes schon zweimal hingucken. Brennesseln haben sich dort stark ausgebreitet und verstellen den Blick auf das sich windende Gewässer. „Wir mähen an renaturierten Bächen in unserem großen Verbandsgebiet zweimal im Jahr — im Sommer und im Herbst“, sagt der zuständige BRW-Betriebsleiter Frank Grittner. In der Anfangsphase eines neu gestalteten Bachufers werde dieser Turnus mit Rücksicht auf die sich entwickelnden Pflänzchen schon mal verschoben. „Dann wachsen schnell Brennnesseln in die Höhe.“ Grittner versprach, sich den aktuellen Zustand im Kulturzentrum-Park anzusehen und gegebenenfalls Pflegearbeiten zu veranlassen.
BRW-Landschaftsarchitektin Marita Kolk hatte vor drei Jahren zunächst Erde vom vorher steilen Ufer abtragen lassen. Am Rande des Ufers platzierte Baumstümpfe und Äste sollten dazu beitragen, dass sich dort neues Leben entwickelt. „Sie sind Nahrungsmittel für Kleinstlebewesen, die dieses Totholz zerkleinern und wiederum selber von Fischen und Amphibien vertilgt werden.“ Zudem ergeben sich durch Baumstümpfe im Wasser Ruhezonen für solche Tiere. Wedmann: „Um den Erfolg zu messen und die Kleintiere zu zählen, muss sich dieser renaturierte Abschnitt erst einmal etablieren und nach dem Umbau erholen. Biologen haben jetzt Wasserproben entnommen, aber noch nicht ausgewertet.“
Der städtische Planungsamtsleiter Stephan Anhalt befürwortet Renaturierungen. „Deren Zahl steht und fällt mit der Verfügbarkeit von Flächen. Überwiegend erstrecken sie sich auf Grundstücken, die der Stadt gehören.“ So habe der BRW im Landschaftspark Fuhrkamp abseits der Spazierwege einen zuvor begradigten 220 Meter langen Abschnitt des Burbachs in eine naturnahe Form gebracht. „Leider gehen in diesem für Wildtiere geschützten Bereich immer wieder Spaziergänger und Hundehalter am Burbach entlang. Ein deswegen angebrachter Weidezaun wurde gleich zerschnitten.“ Stephan Anhalt setzt darauf, dass sich eine üppige Vegetation entwickelt „und dieser dichte Bewuchs die Unvernünftigen dann fernhalten wird“.