Erfüllung im Gefängnis

Der Baumberger Robert Eiteneuer hat einen durch und durch ungewöhnlichen Beruf: Der 55-Jährige ist Seelsorger im Kölner Knast „Klingelpütz“.

Baumberg. „Viele Männer im Knast sind von der Reife eher Jugendliche“, sagt Robert Eiteneuer — Baumberger und Gefängnisseelsorger in Köln. Grenzen austesten, Schwachstellen nutzen — vieles im Verhalten sei ähnlich.

Eiteneuer arbeitet seit sechs Jahren im „Klingelpütz“ — dem Gefängnis in Köln-Ossendorf. Üblicherweise ist das etwa Halbzeit für Seelsorger. Unter den Linden des Dorfplatzes Baumberg sitzt er im orange-karierten Freizeithemd und Jeans: „Das ist meine Dienstkleidung.“

Er habe erst lernen müssen, keine T-Shirts zu tragen, sich von der Anstaltskleidung aus Blaumann und grauem oder schwarzen Sweatshirt abzuheben. „Die Gefangenen erwarten, dass man sich anders kleidet.“

In Köln ist der Pastoralreferent für rund 280 Gefangene in Strafvollzug und Untersuchungshaft zuständig. Die Anträge auf ein Gespräch mit ihm würden aus ganz unterschiedlichen Gründen ausgefüllt. „Am Anfang steht: Weiß meine Familie, wo ich bin? Wie geht es meinen Kindern?“

Bis jemand über die Tat sprechen könne, vergehe oft viel Zeit. „Jemand, der einen Menschen getötet hat, weiß oft nicht, was passiert ist. Er kann sich nicht erklären, dass er das getan haben soll“, sagt der Seelsorger.

Entlastung verschaffe er sich im Austausch mit Kollegen, sagt Eiteneuer: „Wenn es ganz heftig wird, können wir Supervision bekommen.“ Dann begleite ein weiterer Geistlicher den Fall mit mehr Abstand.

Inzwischen habe er sich daran gewöhnt, in Baumberg nur noch in Ausnahmefällen tätig zu sein, sagt Eiteneuer, der bis 2005 in der Gemeinde tätig war: „Der Abschied ist mir schwer gefallen. Die Jugendarbeit ist mir eine Herzensangelegenheit.“ Jetzt bitte ihn die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) gelegentlich um ein Seminar, für die Pfadfinder sammle er Geld.

In seiner Zeit in der Gemeinde St. Dionysius sei ihm die sogenannte „Teiloffene Tür“ besonders wichtig gewesen: ein Angebot für alle Jugendlichen, neun Stunden in der Woche. RheinRock-Macher Sven Schuhen habe dort erste Konzerte organisiert. Der Treff der Kirche werde inzwischen als „Cube“ mit neuem Konzept betrieben.

Die Fusion der Gemeinden St. Gereon und St. Dionysius erlebte Eiteneuer als Gemeindemitglied: „Man merkt es kaum. Es gibt jetzt einen Gemeindebrief und einen Pfarrgemeinderat, aber Jugendarbeit und Schützen gibt es weiter in beiden Orten.“ Dabei sei die Verschmelzung für die Baumberger ein großer Schritt gewesen: „St. Dionysius war seit 1890 Pfarrgemeinde. Das hundertjährige Jubiläum wurde groß gefeiert.“

Beruflich ist Eiteneuer jetzt hoch zufrieden. Die nächste turnusmäßige Versetzung in fünf Jahren werde er wohl an sich vorbei gehen lassen können, vermutet der 55-Jährige. Und er will weiterhin in Baumberg leben. „Ich bin kein Baumberger. Aber ich fühle mich dazugehörig und gut aufgehoben.“