Gut vorbereitet in den Ruhestand
Anhand von drei Beispiele zeigen wir, wie sich die Zeit nach dem Arbeitsleben gestalten lässt.
Monheim. „Ich gehe die Dinge aktiv an und lasse mich nicht gerne von den Ereignissen überrumpeln“, sagt Uwe Bahr. Den 57-jährigen Beamten, der in der Düsseldorfer Stadtverwaltung arbeitet, trennen noch mindestens acht Arbeitsjahre vom Ruhestand. Dennoch beschäftigt er sich schon jetzt mit der Zeit, wenn mit dem Austritt aus dem Arbeitsleben plötzlich eine feste Tagesstruktur, eine sinnstiftende Tätigkeit und das soziale Umfeld fehlen. „Ich möchte nicht in ein schwarzes Loch fallen“, sagt Bahr. Er ist ein typischer Auspendler, der zwar einen großen, aber weit verstreuten Freundeskreis hat, in Baumberg aber praktisch niemanden kennt. Seine Tochter, die sich qua Beruf viel mit Altenhilfe beschäftigt, hat ihm den Quartiersgedanken nahegelegt: „Man muss im Alter Menschen um sich scharen, denn wir werden auf gegenseitige Hilfe angewiesen sein — die jüngeren stehen nicht zur Verfügung,“so Bahr. Deshalb hatte er sich schon im April bei der im Aufbau befindlichen Zwar-Gruppe in Baumberg gemeldet und leitet dort die Wander- und die Kunst-Gruppe.
Als er vor fünf Jahren mit 65 in den Ruhestand ging, sei er sehr verunsichert gewesen, ob sich sein Leben zum Besseren oder Schlechteren wendet, räumt der Jurist Dr. Rüdiger Weisselberg ein. Statt der Verwirklichung seiner Jugendträume — Porsche fahren, Geige spielen und die Panamericana bereisen — gab es einen tiefen Einschnitt: Er siedelte von Bayern nach Monheim über — der Liebe wegen. „Meine Hauptaufgabe war dann erst einmal, ein neues soziales Netzwerk aufzubauen“, sagt der 70-Jährige. Das falle hier leichter als anderswo, weil die Menschen sehr offen und tolerant seien.
Und da das Glück mit dem Tüchtigen ist, fand Weissenberg auch eine sinnstiftende Tätigkeit, die ihm weiterhin gesellschaftliche Anerkennung und Erfolgserlebnisse bescherte. Auslöser war das Beratungs-Centrum, das ihm ein sozialrechtliches Mandat verschaffte. Eigentlich nicht sein Fachgebiet, aber er arbeitet sich hinein und erhielt in der Folge weitere Mandate in lockerer Anbindung an eine Kanzlei. „So habe ich mir Verpflichtungen auferlegt, die ich aber bei freier Zeiteinteilung abarbeiten kann, so dass mir noch genügend Freiraum für Adhoc-Aktionen bleibt“, sagt Weissenberg. „Ich lebe nicht gern in den Tag hinein, dazu ist das Leben zu kurz. Andernfalls würde ich wohl ziemlich unleidlich.“ Wer eine Aufgabe hat, kann um so besser den Müßiggang genießen. Einfach um Kontakte zu knüpfen und Tätigkeiten auszuprobieren, hatte er sich der Zwar-Gruppe in Langenfeld angeschlossen und bringt jetzt in Baumberg seine Erfahrung ein. Sein nächstes Projekt: eine Schreibgruppe.
Nach über 42 Jahren Arbeitsleben nahm Peter Klar (61) den Ruhestand im April erst einmal als „wohlverdient“ hin. Dass der Zwang wegfiel, beim frühen Klingeln des Weckers aufstehen zu müssen, empfand er als wohltuend. Um eine richtige Zäsur zu schaffen, unternahm er mit seiner Frau eine sechswöchige Wohnwagentour durch Skandinavien. Dennoch hat er den Übergang für sich dadurch abgefedert, in dem er sich mit seiner Partnerin frühzeitig Gedanken gemacht hat, wie sie beide das große Maß an Freizeit gestalten wollen. Eine Konstante bildet etwa das Engagement im Square-Tanz-Club. Der Vier-Jahres-Plan sieht zudem die Rodung und Umgestaltung eines großen Stücks Grünlands in Leichlingen vor, welches das Paar übernommen hat. „Das, was ich bisher nach Feierabend gemacht habe, mache ich jetzt den ganzen Tag“, sagt Klar.
Außerdem genieße er das ungebundene Reisen mit dem Wohnmobil. Aber er wolle auch offen für Neues sein, deshalb hat er sich der Zwar-Gruppe angeschlossen. Dort treffe er viele Menschen wieder, denen er im Laufe des aktiven Familienlebens begegnet ist und die man dann wieder aus den Augen verloren hat.