Info-Abend: Flüchtlingshelfer berichten
Ehrenamtlich tätige, Bürgermeister und die Verwaltungsspitze tauschen sich in Langenfeld mit den Bürgern aus.
Langenfeld. Auf dem Podium sitzt fast die gesamte Verantwortungsebene zu dem Thema, das die Stadtverwaltung seit Monaten wie kein anderes beschäftigt. Bürgermeister, Beigeordnete, Fachbereichschef sowie die Leiter von Ordnungs- und Sozialamt. Das Aufgebot bei diesem Info-Abend in der Richrather Schützenhalle entspricht dem Ernst der Lage — und dessen, was auf Langenfeld noch zukommen wird. Eine Flüchtlingshelferin im Publikum, Doris Sandbrink aus Wiescheid, wird den Bericht dieser fünf zur „aktuellen Flüchtlingssituation“ später so zusammenfassen: „Es wird das Gesicht Langenfelds verändern.“
Frank Schneider, Bürgermeister
Was und wie, das wird an den Zahlen deutlich, die die Beigeordnete Marion Prell präsentiert. 726 Asylbewerber leben jetzt in Langenfeld — neunmal so viele wie noch 2011. Hinzu kommen bis zu 150 Flüchtlinge in der Erstaufnahme. Noch vor Weihnachten werden es bis zu 200 sein, und auch bei den „Zuweisungen“ kommen wöchentlich bis zu 50 hinzu. Zehn Unterkünfte für die Zugewiesenen betreibt die Stadt inzwischen, jetzt auch noch eine elfte. Die Turnhalle in Wiescheid, bisher Erstaufnahmeheim, wird eine „normale“ Asylbewerber-Notunterkunft, die Erstaufnahme statt dessen — mit zusätzlichen Betten in einer Leichtbauhalle — am Konrad-Adenauer-Gymnasium konzentriert. Bis Juni will die Stadt gut ein Dutzend weitere Unterkünfte schaffen, in Gewerbehallen, Leichtbauten, Gebäuden der LVR-Klinik und der ehemaligen Pestalozzischule. Insgesamt dann 2100 Plätze, zählt Bürgermeister Frank Schneider zusammen und sagt angesichts der „vorsichtigen“ (= optimistischen) Zustrom-Prognosen von Bund und Land: „Bis Sommer werden die Kapazitäten reichen, dann wird es wieder knapp.“
Fast erdrückende Zahlen, und doch gibt es bis auf eine Ausnahme (Lärmbelästigung in Wiescheid) keine flüchtlingskritischen Äußerungen an diesem Montagabend in der Schützenhalle. Unter den rund 150 Anwesenden sind überwiegend die Träger der „Willkommenskultur“, Flüchtlingshelfer aus Kirchen, Sozialverbändern und Vereinen. Fragen werden aber sehr wohl gestellt: Wie und wo lässt sich bezahlbarer Wohnraum für die Einwanderer (und für Längst-schon-da-Langenfelder) schaffen? Wo Gesprächsräume abseits der Massenunterkünfte ohne jede Privatsphäre? Wie lassen sich die Flüchtlinge in Arbeit bringen bei einer Rechtslage, die selbst für Praktikanten den Mindestlohn verlangt?
Abendland-Untergangsstimmung ist nicht zu spüren, rosarote Weltsicht aber auch nicht. Eine Grundschullehrerin aus Wiescheid erzählt von Flüchtlingskindern, die nur dank engagierter Eltern ein wenig Deutsch lernen und sonst dem Unterricht ohne jede Sprachkenntnisse folgen sollen.
Eine Helferin aus einer kirchlichen Fahrradwerkstatt befürchtet, die vielen Ehrenamtler könnten sich auf Dauer „verschleißen“. Schneider und Prell stellen zusätzliche Koordinatoren und Ansprechpartner in Aussicht, um drohendem Frust entgegenzuwirken.