Joe steht auf junge Damen

Günter Ochs und seine Frau haben einen 81 Jahre alten Ford A. Lebensspuren gehören für sie bei einem Oldtimer dazu.

Langenfeld/Monheim. Joe ist 81 Jahre alt. Da darf er auf der Landstraße schon mal rumzicken. Nur bei ganz bestimmten Fahrgästen surrt sein Motor wie am Schnürchen. „Der alte Herr steht auf junge Damen“, sagt Gabriele Ochs (56) und schmunzelt. Sie und ihr Mann Günter Ochs (59) kauften Joe vor sieben Jahren. Joe ist ein Ford A, Baujahr 1930. Sohn Andreas (25) taufte ihn auf diesen Namen.

Ein Ausflug mit Oldtimer Joe ist immer auch schweißtreibende Arbeit. Die Lenkung ist schwergängig, und Günter Ochs muss oft gegenlenken. Es sieht fast ein bisschen so aus, als ob Joe seinen eigenen Kopf hat und in eine andere Richtung fahren möchte. Auch seine Schaltung scheint Widerworte zu geben. Wenn Ochs einen der drei Gänge mit voller Kraft einlegt, knurrt es tief aus dem Motorraum. Gegen die Schweißperlen auf der Stirn gibt es eine manuelle Klimaanlage: Die Frontscheibe lässt sich mit einem Hebel einige Zentimeter nach vorne schieben. So kommt frische Luft an die grünen Samtsitze.

Beim Kauf 2004 war es Liebe auf den ersten Blick. „Wir wussten, das ist er“, erinnert sich Günter Ochs an den Moment, als das Ehepaar vor dem Oldtimer in Saarbrücken stand. Die Idee, ein altes Schätzchen aufzunehmen, hatte eigentlich seine Frau. „Schon als Kind spielte ich mit Oldtimer-Modellen“, sagt sie. Darunter auch ein Ford T, von Liebhabern auch „Tin Lizzy“ (Blechliesel) genannt — noch heute steht das Spielzeugauto in der Vitrine im Haus.

Joe hat seine eigene Garage. Die teilt er sich mit einem historischen Traktor von 1954. „Ich bin auf einem Bauernhof in Monheim aufgewachsen. Das ist ein Erinnerungsstück“, erzählt Günter Ochs. Mit dem Traktor zieht er ab und zu Boote von Nachbarn aus dem See oder bringt Bauschutt von der eigenen Baustelle zur Deponie.

Joe darf deutlich häufiger ans Tageslicht. Auch bei schlechtem Wetter. Regen macht ihm nichts aus, nur seine Dichtungen lassen manchmal ein paar Tropfen durch. „Das Modell war in Amerika damals auch als Doktorwagen bekannt. Die Ärzte fuhren in Texas kilometerweit über holprige Feldstraßen zur nächsten Farm“, erzählt Günter Ochs. Joes Familie ist also einiges gewöhnt — und robust.

Auf dem linken Kotflügel sind ein paar Stellen im schwarzen Lack aufgeplatzt. Ausgebessert werden die kleinen Schönheitsfehler aber nicht. „Das gehört zu einem alten Auto dazu. Das hat eine Geschichte und eben auch Lebensspuren. Wie ein alter Mensch, der Falten hat“, sagt Gabriele Ochs.

Mit 81 Jahren und 100 000 Meilen auf dem Tacho läuft nicht immer alles rund. Der Anlasser streikte vor einiger Zeit. Eine Feder war gebrochen. Statt Joe in die Werkstatt zu bringen, schraubte Günter Ochs lieber selbst. „Ich habe die Feder für zwölf Euro bestellt und in ein paar Stunden lief er wieder.“ Bei den modernen Autos sei es schon kompliziert, eine defekte Birne im Scheinwerfer auszutauschen. Kommen doch mal Fragen auf, tauscht er sich mit seinen Clubkollegen von den Oldtimerfreunden Langenfeld aus. Aber eigentlich ist Joe pflegeleicht. Besonders, wenn junge Damen in ihm Platz nehmen.