Langenfeld: Ein Hindernislauf auf Probe
Die Paulus-Schüler versetzten sich in die Lage von Behinderten. Das Weik-Projekt wurde ausgezeichnet.
Langenfeld. "Es ist schwer, die Balance zu halten", sagt die neun Jahre alte Chiara. Sie hat eine kniffelige Aufgabe zu lösen: Mit zwei Gehhilfen muss sie über einen Kasten laufen. "Ich hatte Schwierigkeiten, nicht runter zu fallen und habe gezittert", gesteht Lara (8).
Die Paulus-Schule war am Montag Schauplatz von "Ein ganz normaler Tag". Bei diesem Aktionstag, stehen nicht Rechnen und Deutsch auf dem Stundenplan, vielmehr geht es darum, Kinder den Alltag von Behinderten erleben zu lassen.
Die Idee dazu stammt vom Langenfelder Bernhard Weik (72), der mit seiner Frau Elisabeth die Weik-Stiftung gegründet hat, um integrative Projekte zu fördern. Das Stiftungskapital stammte zunächst aus dem Verkauf von Weiks Maschinenbau-Unternehmen.
Für den Aktionstag wurde er im März dieses Jahres vom Bundespräsident ausgezeichnet. Die Verleihung der Urkunde, zu der auch Bürgermeister Magnus Staehler persönlich gratulierte, erfolgte erst jetzt in Berghausen (Kasten).
Alle elf Langenfelder Grundschulen sollen innerhalb von vier Jahren einen Aktionstag mitgemacht haben, so dass jedes Kind einmal teilgenommen hat. "Mittlerweile kommen sogar Anfragen von außerhalb", freut sich der Erfinder. "Bei der ersten Schule mussten wir noch Überzeugungsarbeit leisten. Inzwischen kommen die Schulen auf uns zu."
Auf dem Schulhof an der Treibstraße war ein Parcours mit zwölf Stationen aufgebaut. Beim Tandemfahren geht es darum, dass ein Kind auf dem hinteren Sitz mit verbundenen Augen das Gefühl kennen lernt, jemandem im doppelten Sinne des Wortes blind zu vertrauen.
Die Paulus-Schule besuchen keine Kinder mit Behinderung. Um so besser ist es, das Verständnis für Menschen mit Einschränkungen zu fördern. Behinderung hat viele Gesichter. Ausgestattet mit Westen, die mit schwerem Material gefüllt sind und mit Gewichten an Arm- und Beingelenken, sollten die Kinder rennen oder ein Klettergerüst erklimmen. "Jetzt weiß ich, wie sich Übergewichtige fühlen", sagte Marisa (10).
In den Klassenräumen fanden weitere Projekte statt. Der Erzieher und Gebärdensprachenlehrer Turgut Özdemir (31) zeigte, wie man sich ohne Gehörsinn verständlich macht. "Ich bin seit meinem dritten Lebensjahr durch eine Hirnhautentzündung gehörlos", erklärte er.
In der Turnhalle ging es mit Rollstuhl-Training weiter. Die Schüler fanden es "gemütlich". Erst als die Lehrerin fragte, wie es denn gewesen sei, ungefragt in eine Ecke geschoben zu werden, klang die Begeisterung ab. Auch Verhaltensregeln wurden vermittelt: "Erst fragen, ob Hilfe gewollt ist, dann den Rolli schieben."