Langenfeld: Gemeinsam gegen Mobbing
Mit neuem Konzept, vereinten Kräften und mehr Geld will die Stadt der Gewalt und Ausgrenzung noch effektiver vorbeugen.
Langenfeld. Nach dem Amoklauf von Winnenden, bei dem der 17Jahre alte Außenseiter TimK. am 11.März 2009 in seiner ehemaligen Realschule neun Schüler und drei Lehrerinnen erschoss bevor er drei weitere Menschen auf der Flucht tötete, kam auch in Langenfeld die Gewaltprävention an Schulen auf den Prüfstand.
Der Austausch von Schulleitungen, Polizei, Psychologen und Stadtverwaltung hat zu einem neuen Handlungskonzept geführt, mit dem noch effektiver Gewalt und Ausgrenzung - das so genannte Mobbing (siehe Kasten) - unterbunden werden sollen. Mit 48 000 Euro will die Stadt bis Ende 2010 Lehrerfortbildungen, soziale Trainings und Theaterstücke für Schüler fördern. Über die neuen Ansätze berät am Mittwoch (18 Uhr, Rathaus) erstmals der Schulausschuss, anschließend müssen noch Jugendhilfeausschuss und Rat grünes Licht geben.
"Es ist nicht so, dass in Langenfeld nach dem Amoklauf von Erfurt 2002 nicht gehandelt worden wäre", sagt Ulrich Moenen, Fachbereichsleiter Jugend. Seit Jahren würden Projekte zur Stärkung der sozialen Kompetenz von Heranwachsenden, wie zum Beispiel die "Fair-streiten"-Kurse an Grund- und Hauptschulen, ebenso gefördert wie mit den jeweils im Herbst durchgeführten "Aktionswochen Jugendschutz" Info-Veranstaltungen auch für Eltern und Lehrer. Doch dafür waren bislang 12 000 Euro als ausreichend erachtet worden.
"Bisher wurde in Langenfeld eher klassenweise gegen Gewaltpotenziale gearbeitet. Für sich genommen haben Deeskalationstrainings meist aber keine nachhaltige Wirkung. Wir wollen, dass künftig ein gesamter Jahrgang parallel trainiert, dort wo jeweils die Schule den größten Bedarf sieht", sagt Moenen.
Im Herbst will die Stadt unter dem Titel "Sicheres Klassenzimmer" eine Schülerbefragung starten, um zu erfahren, wie die Betroffenen das Problem Mobbing einstufen. Ausgrenzung ist oft genug ein Grund für einen Aggressionsstau, der sich in Gewalt entladen. Auf Basis der Befragungsergebnisse will das Jugendamt Lehrer und Schüler, die als Streitschlichter tätig sind, Interventionsmöglichkeiten vorstellen.
Ebenso ist ein medienpädagogischen Workshop an jeder Schule das Ziel. Bei dem sollen die Jugendlichen in fünf Doppelstunden erfahren, was sie damit anrichten, wenn sie beleidigende Fotos von Mitschülern im Internet veröffentlichen, oder in Foren wie "Schüler-VZ" über andere herziehen. Elternabende zu den Gefahren, die im Internet lauern, soll es außerdem geben.
"Die zweite Hebel des Konzepts setzt bei den Lehrern an. Ihnen wollen wir Ansprechpartner für die schnelle Hilfe und eintägige Weiterbildungen mit Externen ermöglichen", sagt Moenen. Noch zu viele Pädagogen seien bei Gewalt- und Mobbing-Vermeidungsstrategien nicht auf dem aktuellsten Stand.
Das sieht auch Hans-Joachim Claas (58), Rektor des Konrad-Adenauer-Gymnasiums (KAG) mit 1370 Schülern so. "Wir haben die 800 Euro für das Streitschlichtungsseminar für 20 Kollegen gerade mal so vom Etat abzwacken können", sagt er. Mit mehr Geld sei auch auf diesem Gebiet mehr möglich. Und die Notwendigkeit, mehr zu tun, steht für Claas außer Frage: "Mobbing, Beinchenstellen und Handy-Abzocke haben in den 14 Jahren, die ich das KAG leite, explosionsartig zugenommen."