Langenfeld: Viel Kraft in die Stadt gesteckt
Wilfried Graw (70) ist einer der Konstrukteure des heutigen Langenfelds. Das Erbe von Magnus Staehler sieht er kritisch.
Langenfeld. "Der Ehrenring bedeutet mir sehr viel", sagt Winfried Graw. Der 70-Jährige ist der bisher letzte in der Reihe von 29 Bürgern, dem die Stadt für ihr Engagement zum Wohle Langenfelds mit dieser Auszeichnung dankte. 2004 hatte der in den Ruhestand wechselnde Erste Beigeordnete und Stadtkämmerer neben dem Schmuckstück auch noch ein Beutelchen Erde aus seiner Geburtsstadt Angerapp von Bürgermeister Magnus Staehler (CDU) erhalten.
Graw habe entscheidend mitgeholfen, der Stadt ein soziales Antlitz zu geben. Und weil ihn Menschen interessieren, engagiert er sich auch weiter für sie: als Schiedsmann und ehrenamtlicher Standesbeamter mit um die 30 Eheschließungen pro Jahr im Kulturellen Forum.
"Ich bin überzeugter Langenfelder", sagt Graw. Das war nicht immer so. "Als ich 1977 in die Stadt kam, war die eine Dorf GmbH." Er habe länger gebraucht, um zu erkennen, dass sich Immigrather und Richrather keineswegs grün waren, und selbst die CDU-Fraktion eine sehr heterogene Truppe darstellte. "Investitionen in eine neue Stadtmitte? Bevor die Wiescheider dem zustimmten, wollten sie erst ein paar neue Kanäle für sich haben", verdeutlicht Graw.
Die ersten Langenfelder hätten im Rathaus gesessen. "Glücklicherweise hat der Rat die erst als utopisch eingestufte Idee des damaligen Stadtdirektors Josef Wilken mitgemacht, dem ITV seine alte Turnhalle abzukaufen, um ein neues Rathaus für die auf 100.000 Einwohner konzipierte Stadt ans Immigrather Dreieck zu setzen", sagt Winfried Graw.
Der 1977 eingeweihte Komplex sei die Initialzündung für die Stadtwerdung gewesen. Diese habe Wilkens Nachfolger Siegfried Honert bis 1996 systematisiert. Grundstücke seien en masse gekauft worden, um die neue Mitte um Marktplatz und Rathaus entwickeln zu können.
"Magnus Staehlers Verdienst für das Wir-Gefühl ist es, dass er die Stadt durch sehr viele und zum Teil verrückte Feste belebt hat", meint Graw. Die Amtszeit seines Parteifreunds als Verwaltungschef sieht er kritisch. Den seit 1986 maßgeblich von Graw mit gehaltene Sparkurs, der zur Schuldenfreiheit führte, habe Staehler verlassen.
Graw: "Seitdem die Steuerquellen sprudeln, hat er die Kassen leer geräumt. Ob Vereinsheime oder neue Plätze, immer wurde investiert, ohne den Rat über Folgekosten aufzuklären. "Mit mehr als 18 Millionen Euro hat der Bauetat zuletzt ein unverantwortliches Maß erreicht."
Die für 15,5 Millionen Euro errichtete Feuerwache an der Lindberghstraße hält der frühere Hüter des Stadtsäckels ohne den angedachten Kooperationspartner Monheim für überdimensioniert.
Stolz ist Winfried Graw auf die von ihm vor 25 Jahren gegründete Gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit (GGA). Die Stadttochter habe hunderten von Jugendlichen eine zweite Chance auf handwerkliche Ausbildung gegeben.
Auch die Weichen zur familienfreundlichen Stadt habe er gestellt. "Bereits Anfang der 90er Jahre erfüllte Langenfeld den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und bis auf das Gymnasium sind heute alle Schulen für den Ganztagsbetrieb ausgebaut."
Als seinen Lieblingsplatz sieht der Pensionär das SGL-Bewegungszentrum mit Stadtbad an der Langforter Straße. "Weil ich hier jeweils einmal wöchentlich im Studio und mit einer Fitnessgruppe trainiere, und weil sich nach der Übernahme des Bäderbetriebs 2003 durch die Sportgemeinschaft alles zum Positiven gewendet hat", meint Graw.