Langenfeld Alexandra Schneider hört bei Sag’s auf

Langenfeld. · Verein informiert Kinder und Jugendliche seit 1991 über sexuelle Gewalt. Gründerin arbeitet auch weiterhin bei Sag’s.

Alexandra Schneider (r.) hört als Vorsitzende bei Sag’s auf. Cornelia Schuischel wird ihre Nachfolgerin.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Als Alexandra Schneider 1991 den Verein Sag’s gründete, war es nicht selbstverständlich über sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu sprechen. „Es war eine Herausforderung und ein harter Kampf“, sagt die ehemalige Vorsitzende (61), die viele Hürden nehmen musste, bis sich ihr Hilfsangebot etabliert hatte. Heute ist Sag’s in der Stadt anerkannt und die Angebote sind finanziell gesichert. Das sei ein entspannter Zeitpunkt, den Vorsitz guten Gewissens an Cornelia Schuischel (54), die schon viele Jahre im Team ist, abzugeben. Denn für Schuischel sei „die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen genauso wichtig wie für mich“, betont Alexandra Schneider. Ihre Nachfolgerin ist ausgebildete Sozialpädagogin und Bewegungstherapeutin.

Interesse an dem Verein
war von Anfang an groß

Dass Hilfsangebote für Kinder vor 28 Jahren fehlten und dringend gebraucht wurden, erfuhr Schneider aus vielen Gesprächen mit betroffenen Frauen. „Es gab einen Notruf für Frauen, aber niemand hat damals mit Kindern gearbeitet, die unter sexuellem Missbrauch litten.“ Diese „Schattenkinder“, wie Schneider sie nennt, „sieht man nicht.“ Die Kinder hätten Angst, dass jemand merkt, was ihnen widerfahren ist. Sie begännen erst zu reden, wenn der Leidensdruck extrem groß geworden sei.

Als Schneider noch vor der Vereinsgründung zu einem Infoabend in einen Gemeindesaal einlud, rechnete sie mit rund 30 Besuchern. Doch über 100 Eltern, Pädagogen und Interessierte kamen. „Ich war beeindruckt und mir wurde klar, wie groß der Bedarf und wie notwendig Unterstützung war.“

Los ging es in einem Büro in der ehemaligen Kulturfabrik am Winkelsweg. Sag’s durfte einen Raum des Stadtjugendrings mitbenutzen. „Wir waren vier sehr aktive, ehrenamtlich tätige Frauen.“

1993 wurde die erste ABM-Stelle bewilligt. Schneider, die erwachsene Kinder und drei Enkel hat, bekam auch in der schwierigen Anfangszeit viel Unterstützung in der Familie. Ihr Sohn habe damals sogar immer mal wieder Aufkleber des Vereins eingepackt und sie bei Gelegenheit auf Laternenmaste und Wände geklebt, damit möglichst viele Menschen auf das Angebot des Vereins aufmerksam wurden.

Mit der Zeit ist es Schneider und ihrem Team – das heute aus vier fest angestellten Teilzeitkräften besteht – gelungen, auch Lehrer und Erzieher für das Thema zu sensibilisieren. Das Büro an der Düsseldorfer Straße 16 in Langenfeld wird häufig von Klassen weiterführender Schulen besucht, und Team-Mitglieder des Vereins gehen in Grundschulen, um über sexuellen Missbrauch aufzuklären.

Missbrauch werde heutzutage ernst genommen, Kinder und Jugendliche auch. „Die Türen sind bei Behörden und Kindertagesstätten offen“, sagt Cornelia Schuischel. Wichtig sei es aber, „so früh wie möglich“ zu helfen, damit die Betroffenen gute Chancen hätten, ein „normales Leben“ zu führen. Wichtig sei es auch, dass Eltern und Kindern in der Beratung jeweils eigene Ansprechpartner hätten. „Sie brauchen ganz unterschiedliche Hilfen“, sagt Cornelia Schuischel. Unerlässlich sei es auch, den Mädchen und Jungen einen geschützten Raum und genug Zeit anzubieten. „Sie brauchen jemanden, der für ihre Bedürfnisse da ist.“ So könne es durchaus sein, dass eine Beratung über einen Zeitraum von einem bis eineinhalb Jahren nötig sei. Stünden Gerichtsprozesse an, begleiteten Mitarbeiter von Sag’s die Kinder auch dorthin, „wenn die Eltern sehr belastet sind“. Manchmal kämen die Betroffenen in der Pubertät noch einmal wieder – meist dann, wenn es um erste sexuelle Erfahrungen gehe.