Mahnung von „Hitlerjunge Salomon“

Buchautor und Zeitzeuge Salomon Perel erzählte in der Aula des Gymnasiums aus seinem ungewöhnlichen Leben.

Monheim. Als Salomon “Sally“ Perel in der Aula des Otto-Hahn-Gymnasiums zu erzählen beginnt, wird es still im Saal. Der 86-Jährige ist Jude und hat die Nazi-Zeit als Mitglied der Hitlerjugend überlebt.

Von seinen einzigartigen Erlebnissen berichtet er an diesem Freitag den Oberstufenschülern des Gymnasiums. Der Israel-Projektkurs der Schule hatte Perel im Oktober in Israel kennengelernt und ihn nach Monheim eingeladen. Für Perel, der seit 63 Jahren in Israel lebt, sind die Besuche in Deutschland keine Seltenheit.

Etwa zweimal im Jahr ist er an deutschen Schulen zu Gast und erzählt seine Lebensgeschichte, die er in dem Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“ niedergeschrieben hat. 1992 erschien es erstmals auf Deutsch und wurde unter dem Titel „Hitlerjunge Salomon“ auch verfilmt.

Eine ausgewählte Filmszene gibt es an diesem Tag als Einstieg in Perels Erlebnisbericht zu sehen. Sie zeigt, wie der junge Sally, gespielt von Marco Hofschneider, zusammen mit seinen Klassenkameraden auf der Schule der Hitlerjugend Unterricht in Rassekunde erhält. Sally muss darum fürchten, als Jude erkannt zu werden. Stattdessen aber ordnet ihn sein Lehrer als Arier ein.

„Ich freue mich, heute hier zu sein“, beginnt Perel seine eineinhalbstündigen Schilderungen. „Ich bin ein Zeitzeuge und somit der beste Geschichtslehrer, den es gibt“, sagt der 86-Jährige. Perel erzählt vom Ghetto in Lodz, in das die Familie 1938 ziehen musste und von seiner Flucht 1939 in den sowjetischen Teil Polens. „Ich muss wohl nicht sagen, wie schwer der Abschied damals von meinen Eltern war“, sagt er. Denn Perels Eltern und seine Schwester blieben in Lodz — und wurden getötet. „Die Worte meiner Mutter waren damals: Sally, mein Sohn, du sollst leben. Das hat mir magische Kraft eingepflanzt“, so Perel.

Genau an diese Worte muss Perel auch denken, als er 1941, während der Flucht nach Misnk, plötzlich Soldaten der Wehrmacht gegenübersteht. „Der Soldat fragte mich, ob ich Jude sei. Und da hatte ich die Stimme meiner Mutter im Kopf und hab mit fester Stimme geantwortet: Nein, ich bin doch kein Jude. ich bin Volksdeutscher.“

Später kam er in eine Schule der Hitlerjugend in die Nähe von Braunschweig. Hier habe er aus Schutz seine Seele in zwei Teile gespalten, erzählt Perel. „Ein Teil war der jüdische Ursprung und der andere der begeisterte HJ-Anhänger.“ Denn je länger Perel unter den Nazis lebt, desto mehr kann er sich auch für ihre Symbole und Rituale begeistern. „Ich habe ein Doppelleben geführt, sagt er heute. Bis zum Ende des Krieges bleibt dieses Doppelleben unentdeckt.

Mit seiner Geschichte will Perel heute dazu beitragen, dass die kritisch denkende Jugend fortbesteht. Und er richtet seine Worte, wohl auch aus aktuellem Anlass, an Rechtsradikale: „Ich wünsche, dass du erfühlst, dass die Worte der Wahrheit aus meinem Herzen in dein Herz gehen.“ Die Schüler applaudierten tief beeindruckt und stellten Fragen.