Porträt: Im Auftrag des Landesvaters

Eberhard Drescher war lange Zeit der Chauffeur von Johannes Rau – und hat eine ganze Menge zu erzählen.

<strong>Monheim. Zwei Millionen zurückgelegte Kilometer in 24 Jahren, 90 Liter-Tank-Limousinen und 14 Stunden-Arbeitstage, Einsatzbereitschaft rund um die Uhr von Montag bis Sonntag und trotzdem kein einziger Unfall: Der Monheimer Eberhard Drescher blickt auf spannende Berufsjahre zurück. Jahre, die er hauptsächlich im Sitzen verbrachte, eine mit Pferdestärken vollgestopfte Maschine unter sich, gepanzertes Glas vor sich und einen Prominenten hinter sich. Der 75-Jährige war Chauffeur und das nicht für irgendjemanden, sondern für Nordrhein-Westfalens wohl bekanntesten Landesvater: Johannes Rau.

Eigentlich nur einen erkrankten Kollegen vertreten

Eigentlich hatte er nur einen erkrankten Kollegen vertreten sollen als Rau, damals junger Minister, im März 1971 zur Leipziger Messe chauffiert werden musste. "Doch ich blieb bis 1995. Ein Bekannter, der bei der Landesregierung arbeitete, holte mich kurzerhand ins Boot", erzählt Drescher. Mit großem Gefährt kannte er sich aus, hatte er doch zuvor jahrelang Omnibusse durch die Straßen gesteuert. "Aber es ist eben angenehmer, wenn im Mercedes hinten nur einer sitzt." Der hörte am liebsten klassische Musik, schätzte die konzentrierte Verschwiegenheit seines Fahrers und das Vertrauen, das sich über die Jahre zu ihm entwickelte.

Das Du zwischen Chauffeur und Chef war und blieb allerdings tabu - eine Frage des gegenseitigen Respekts. "Unsere Vereinbarung war: Wenn es etwas zu klären gibt, dann nur im Auto und unter uns." So manches Wort blieb da also im dunklen Innern der blank polierten Staatskarosse, in einem "Toten Winkel" für den späteren Ministerpräsidenten Rau.

"Es standen auch Raus Urlaube im Norden auf meinem Plan - was nicht bedeutete, dass er währenddessen keine Termine wahrnahm", lächelt der 75-Jährige. Manchmal saßen dann auch Willy Brandt oder Helmut Schmidt auf der ledernen Rückbank. Politiker haben selten Zeit.

Doch wie hoch der Termindruck auch sein mochte, eine rote Ampel zu überfahren oder gar einen Bleifuß zu riskieren kam nicht in Frage. "Dienst nach Vorschrift", betont Drescher. "Es kann nichts so wichtig sein, dass man dafür ein Blaulicht in Kauf nimmt."

Gelernter Omnibusfahrer Seit 40 Jahren wohnt der gelernte Omnibusfahrer Eberhard Drescher in Monheim. Gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau hat er eine Tochter.

Verabschiedung 1995 Statt einer breiten Limousine fährt er privat lieber einen kleinen Ford. Einen Fahrradanhänger mit dem Nummernschild seines Dienstwagens nutzt er bis heute und auch die Holzschubkarre, die er bei seiner Verabschiedung 1995 bekam, steht noch im Hobby-Kleingarten.