Schule: Der lange Weg zur Normalität
Die Inklusion kommt. Aber was bedeutet das? Ulrich Moenen, im Rathaus zuständig für Schulen, gibt einen Überblick.
Langenfeld. Derzeit wird das Thema Inklusion diskutiert. Bei vielen Eltern löst dieser Begriff Verunsicherungen aus — das hatte zuletzt auch der Aktionskreis „Erhalt der Felix-Metzmacher-Schule“ der Stadtverwaltung mitgeteilt. Kaum jemand könne mit dem Begriff Inklusion etwas anfangen.
Herr Moenen, was bedeutet Inklusion überhaupt?
Ulrich Moenen: Inklusion bedeutet, dass es normal ist, verschieden zu sein. Dass jeder alle Möglichkeiten hat, sich gleichberechtigt und vollständig an allen gesellschaftlichen Prozessen und wichtigen Lebensbereichen zu beteiligen — unabhängig von Behinderungen, ethnischer oder sozialer Herkunft, Alter oder Geschlecht.
Was bedeutet Inklusion in Hinblick auf Schulen?
Moenen: Das Ziel ist, dass an jeder Schule alle Kinder beschult werden können. Somit sollen auch Kinder von Förderschulen an allgemeine Schulen gehen können.
Werden damit die Förderschulen überflüssig?
Moenen: Das ist der Grundgedanke der Inklusion, ja. Der Wunsch der Eltern ist aber in jedem Fall, dass ihr Kind bestmöglich gefördert wird. Und solange das an Förderschulen noch so ist, werden die Eltern nicht umschwenken. Ich glaube aber auch, dass der Wunsch danach, dass Kinder an Regelschulen gemeinsam lernen, wachsen wird.
Gibt es denn Vorgaben, wie viele Kinder mit besonderem Förderbedarf an einer Regelschule angemeldet und unterrichtet werden können?
Moenen: Da gibt es keine Vorgaben. Das hängt davon ab, wie viele Eltern ihr Kind mit Förderbedarf anmelden.
Heißt das, theoretisch könnten zehn Kinder mit besonderem Förderbedarf mit zehn Regelschülern in einer Klasse sitzen?
Moenen: Nein. So viele nicht. Es wird ähnlich sein, wie es schon heute in manchen Schulen in Langenfeld praktiziert wird: Schon heute wird in einigen Regelklassen eine geringe Anzahl von Kindern mit Förderbedarf unterrichtet. Die meisten Schulen sind aber nicht barrierefrei. Im Gegensatz dazu wird aber die neue Gesamtschule — wie ja auch die Bettine-von-Arnim-Gesamtschule — komplett barrierefrei sein und damit wesentliche Teile der Inklusion erfüllen.
Welche Teile der Inklusion erfüllt sie denn nicht?
Moenen: Während die Förderschulen technisch ganz speziell ausgestattet sind — und auch das Personal besonders geschult ist — können das derzeit die Regelschulen noch nicht leisten. So auch nicht die neue Gesamt-schule.
Können Sie Eltern verstehen, die befürchten, dass ihr Kind in Zeiten von Inklusion nicht ausreichend gefördert wird?
Moenen: Ja. Diese Angst ist ja auch nicht unberechtigt. Inklusion ist nicht von jetzt auf gleich umzusetzen. Dieser Prozess wird einige Jahre dauern. Die Regelschulen müssen personell mindestens so ausgestattet sein wie die Förderschulen oder sogar darüber hinaus. Die Schülerzahl in den Klassen muss sich verringern. Ansonsten werden Eltern befürchten, dass durch die Inklusion mehr Energie und Ressourcen in Förderkinder investiert werden und für die anderen Schüler Ressourcen verloren gehen.
Wie sieht das Modell denn idealerweise aus?
Moenen: Das beste Beispiel sind die integrativen Gruppen in den Kitas. Das sind kleine Gruppen bestehend aus fünf Förderkindern und zehn Regelkindern. Die Mitarbeiter haben spezielle Schulungen gemacht und es werden darüber hinaus weitere Fachkräfte eingesetzt. Die Gruppen verfügen über eine gute personelle und fachliche Ausstattung — so dass auch die Eltern der Regelkinder ihre Kinder ganz bewusst in diese Gruppen geben, weil sie der Meinung sind, dort werden sie besser gefördert. So rum ist es eigentlich richtig.