Sprache macht Fremdes vertraut

Michaela Noll, MdB hat sich gestern in der evangelischen Kita Grunewaldstraße informiert.

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Monheim. Erziehung mit dem erhobenen Zeigefinger? Geht gar nicht! Eltern, die ihre Kinder morgens an der Pforte abgeben und nachmittags hastig wieder einsammeln — dabei immer ein Ohr am Handy? Auch nicht! Die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll (CDU) nickt: „Heute sind Kindergärten ganz anders unterwegs als vor 20 oder 30 Jahren.“

In der evangelischen Kita Grunewaldstraße informierte sich die Familienpolitikerin am Montagmorgen darüber, wie das neue Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ funktioniert. Fünf Kitas aus Monheim profitieren von den Bundesmitteln, die seit Jahresbeginn fließen.

ChristaWerner-Pfeiffer, Kita-Leiterin

Und plötzlich saß Noll nicht auf ledernem Parlamentsgestühl, sondern einem niedrigen knallroten Kindersofa, ein Buch in der Hand und Heilpädagogin Kathrin Wilhelm an der Seite. Vorlesen kann ein Weg gegen die sprachbedingte Chancenlosigkeit von Kindern sein. „Mit den Mitteln aus Berlin können wir die 19,5 Stunden-Stelle von Katrin Wilhelm finanzieren“, sagte Kita-Leiterin Christa Werner-Pfeiffer. Die Heilpädagogin Wilhelm unterstützt die 18 Erzieherinnen und Erzieher an der Grunewaldstraße dabei, dass Sprache nicht zum Ausschlusskriterium in den insgesamt acht Gruppen des Hauses wird. Keine ganz leichte Aufgabe: Denn zwischen diversen Spielecken, dem Essbereich und dem Spielplatz vor der Tür tummeln sich äußerst quirlige Vereinte Nationen im Alter unterhalb von sechs Jahren: Beim Nachzählen kommen Leiterin Werner-Pfeiffer und ihre Stellvertreterin Bärbel Frischmuth auf zwölf verschiedene Herkunftsländer. Ihre Aufzählung reicht von Italien bis Afghanistan.

„Die Kinder verständigen sich untereinander am schnellsten“, berichtet Werner-Pfeiffer. Notfalls kommunizieren die Mädchen und Jungen per Gesten und Gebärden , weshalb auch die Erzieher in Gebärdensprache geschult sind. Es gilt, die Eltern dafür zu gewinnen, sich an der Sprachbildung und Spracherziehung ihrer Kinder zu beteiligen. Deshalb — und weil die Kita an der Grunewaldstraße Teil des Moki-Netzwerks in Monheim ist, versteht sich das Haus mehr als ein Familienzentrum denn als reine Verwahranstalt für die Kleinsten. „Bei uns sind immer Eltern im Haus — und das ist auch gut so.“ Der Betreuungsaufwand für die Eltern hat sich in der modernen Kita deutlich erhöht. Dabei sollen auch Männer einbezogen werden, weil ihr Umgang mit den Kindern einen positiven Einfluss auf die Entwicklung haben kann. Kernige Papa-Kind-Übernachtungen in der Kita — mit Holzsägen und Grillen haben sich als Eisbrecher bewährt.

Junge Mütter müssen erst lernen, alles was sie mit dem Baby tun, laut zu kommentieren.l Durch Wiederholungen und Zuhören wird die Sprachfähigkeit ab den ersten Lebensjahren geschult.

Dabei ist auch das pädagogische Geschick der Erzieher gefordert. Ihr Wunsch an die Bundespolitik ist eindeutig. „Die meisten Programme, wie das der Sprach-Kitas, enden nach einer bestimmten Laufzeit abrupt. Wir würden gerne nachhaltig arbeiten“, sagt die Kita-Leiterin Werner-Pfeiffer.