Weit weg vom Alltagsstress
Innerhalb der dicken Kirchenmauern herrscht Stille — Zeit, um nachzudenken und die Hektik eine Stunde lang zu vergessen.
Langenfeld. Die Tür fällt sachte ins Schloss. Das einzige Geräusch. In der Kirche ist es still. Kerzen flackern vor dem Bildnis der Gottesmutter mit dem Kind. Sonst regt sich nichts in der Kirche inmitten der Stadt. Wer um diese Zeit das Gotteshaus betritt, ist mit sich selbst allein.
Die Kirche ist dem heiligen Josef geweiht. Links von der Eingangstür hängt das Weihwasserbecken, rechts öffnet sich der Kirchenraum, freundlich, hell, bei Sonne lichtdurchflutet. An dem frühen Nachmittag ist es still in dieser Kirche, weder von der Fußgängerzone noch vom Marktkarré dringt Lärm durch das rote Backsteingebäude. Und die Glocken im 42 Meter hohen Turm, von Kreuz und Hahn gekrönt, schweigen. Die Stille ist nicht bedrückend. Ist es nicht ein idealer Zeitpunkt für Meditation, um den Gedanken nachzugehen?
Neben dem Altar hängt eine Marienfigur mit Jesuskind. Eine Ave Maria vielleicht, ein Gesätz des Rosenkranzes? Die Seitentür knarrt. Eine Frau, die sich in der Kirche gut auskennt, geht zielgenau auf den Opferstock zu und spendet Münzen für Misereor, sie durchforstet den Schriftenstand, greift zu den Pfarrnachrichten und verlässt das Gotteshaus.
An den Wänden stehen groß aufgemalte Sprüche: „Während wir über den Himmel streiten, gehen wir auf Erden zugrunde“. Oder „Les fruits de la terre appartiennent à tous, mais la terre n’est à personne“ (Die Früchte der Erde gehören allen, die Erde jedoch darf niemandem gehören). Der Satz ist von Jean Jacques Rousseau.
Die Seitentür der Kirche öffnet sich. Benjamin Floer (27) strahlt, als er in die Kirche tritt. „Die Kirche ist etwas Besonderes“, sagt er. Am 1. September tritt er seinen Dienst als Pastoralreferent in der Gemeinde an. Die Kirche und die Sprüche an den Wänden haben es ihm angetan. Die Schriften von Rousseau hat er so in keiner Kirche gesehen. St. Josef hat er bereits einmal gesehen.
Die künftige Wirkensstätte gefällt ihm so gut, dass er, kaum in Langenfeld angekommen, das Gotteshaus wieder besucht. In die stille Kirche kommt Bewegung. „Sehen Sie die Heiligenabbildungen, die sind ungewöhnlich“, sagt Floer lebhaft. Schon hat er die Kirche wieder verlassen.
„Auf meinen Gott kann ich mich verlassen“, haben die diesjährigen Kommunionkinder auf eine Schautafel geschrieben. Dahinter verbirgt sich ein Abguss eines Reliefs „Flucht nach Ägypten“, daneben findet sich eine Kanne, aus der Weihwasser gezapft werden kann. Das wird genutzt, wie der Wasserfleck neben der Kanne zeigt. Der Schriftenstand ist reich bestückt. Pfarrnachrichten, Anleitung zu Gebeten, die neue Gottesdienstordnung.
Die acht Kirchen in Langenfeld haben sich zum Jahresanfang zu einer Großgemeinde zusammengeschlossen. Die Gemeinde trägt den Namen St. Josef und Martin. An diesem Samstag bleibt es in der Kirche still. Sonntags um 11.15 und 18.30 Uhr wird dort zur Messe eingeladen. Der Altar ist schon mit Blumen geschmückt. Ein wenig Orgelspiel wäre jetzt schön.
Angenehm kühl ist es innerhalb der dicken Mauern, der Abschied fällt nicht leicht. Die Kirchentüre öffnet sich. Draußen zieht eine Schar junger Menschen fröhlich lachend vorbei, ein Auto hupt. Die Geräusche des Alltags sind wieder allgegenwärtig.