Brückenbau in Haan: Bäcker Schüren bleibt auf seinen Brötchen sitzen
Die Filiale an der Flurstraße wird kaum noch frequentiert. Der Firmenchef beklagt Umsatzeinbußen zwischen 35 und 45Prozent.
Haan. Auf die Idee, sich an Werktagen entlang der Flurstraße auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen niederzulassen, kämen wohl nur hartgesottene Frischluftfanatiker, die auf Ruhe und eine entspannte Atmosphäre keinen Wert legen.
Seit zwei Wochen hat sich die Situation dort allerdings drastisch verändert. Vor allem auf dem Stück zwischen Hochdahler Straße und Dieker Straße ist der Verkehr quasi zum Erliegen gekommen. Die Brücke Dieker Straße wird neu gebaut, eine Vollsperrung eingerichtet. Was die Anwohner freuen dürfte, bereitet Bäckermeister Roland M. Schüren echte Probleme. Denn er geht davon, dass sein Betrieb, genauer gesagt seine Filiale "Alte Backstube" an der Flurstraße 50, der von dem Brückenneubau am ärgsten betroffene Gewerbebetrieb ist.
"Wir haben mit Schlimmen gerecht, aber so etwas haben wir noch nicht erlebt", sagt Schüren, der Kummer gewohnt ist. Als an der Gerresheimer Straße in Hilden ein Kreisverkehr gebaut wurde, musste er über Wochen mit der einseitigen Verkehrsführung leben und entsprechende Umsatzbußen der dortigen Filiale hinnehmen.
An der Flurstraße ist der Umsatz seit der Sperrung am Montag vor zwei Wochen um 35 bis 45 Prozent gesunken. "Bei den normalen Brötchen liegt der Rückgang sogar bei 50 Prozent", sagt Schüren. Wechselten dort täglich 800 Brötchen den Besitzer, sind es jetzt nur noch 400. Das Stück kostet 28 Cent. "Bei den Brötchen leidet der Umsatz immer stärker als bei Brot und Kuchen", sagt der 43-Jährige. Während seine Kunden für diese Produkte auch längere Anfahrten in Kauf nehmen würden, machen sie bei den Brötchen Kompromisse, kaufen die dann eben woanders ein. "Uns fehlen die Pendler, die täglichen Brötchenkunden", sagt Schüren.
Die Folge: Eine von vier fest angestellten Verkäuferinnen wird für die Zeit der Sperrung in eine andere Filiale versetzt. "Die Kollegin baut jetzt erst einmal Überstunden ab und übernimmt in der Filiale in der Marktpassage in Haan eine Urlaubsvertretung", sagt Schüren. Wo sie im Anschluss tätig sein wird, weiß ihr Chef noch nicht. "Kein Mitarbeiter wird entlassen", versichert er. Das sei der Vorteil, wenn man mehrere Filialen betreibe. Er fügt hinzu: "Und geschlossen wird die Filiale auch nicht." Viele Kunden hätten schon nachgefragt und sich gewundert, dass die Filiale noch geöffnet ist.
"Wir geben uns große Mühe, keine Flappe zu ziehen, obwohl das Team in den ersten Tagen die Köpfe ganz schön hat hängen lassen", sagt Schüren. Stattdessen habe man überlegt, wie man das beste aus der Situation machen kann. Weil eine Preissenkung laut Schüren nichts gebracht hätte, setzt er auf das neu eingerichtete Straßencafé "Zur Überbrückung". Vier Tische mit Stühlen und Sonnenschirmen laden jetzt zum Open-Air-Kaffeegenuss ein. "Da kann man jetzt relativ ruhig sitzen", sagt Schüren.
Und trotz des Ärgers über das Ausbleiben der Kunden, lobt Schüren die Stadtverwaltung. "Die Beschilderung ist wirksam und weiträumig. Ich hätte längere Staus auf den Umleitungsstrecken erwartet", sagt er. Nur als am Donnerstag aufgrund des Lastwagenunfalls die Autobahn dicht war, sei der Lieferverkehr nicht mehr durchgekommen. "Da hatten wir in Vohwinkel keine Brötchen." Und auch die Sondergenehmigung für das Aufstellen der Werbereiter für das Straßencafé habe das Haaner Ordnungsamt schnell und unbürokratisch erteilt. Schüren: "Jetzt hoffen wir nur, dass die Sperrung tatsächlich in vier Monaten aufgehoben wird und nicht bis in die Weihnachtszeit andauert."