Mettmann Corona zwingt Parteien zum Umdenken

Mettmann. · Die CDU präsentiert ihre Argumente kurz und knackig. Wer mehr wissen und klare Aussagen haben will, muss nachhaken.

Richard Bley (v.l.), Ute Stöcker, Heinz Tullius und Gabriele Hruschka vor der CDU-Geschäftsstelle

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(arue) Von wem stammt das Zitat? „Wir wollten kurz, knackig und sexy sein.“ Von einem Influencer? Einem Youtuber? Nein, es stammt von der CDU Mettmann. Sie präsentiert jetzt ihr Wahlprogramm in ungewohnter Form: Texte und Bilder wurden einer Verjüngungskur unterzogen, Seiten füllende Aussagen wichen kurzen Slogans, und fürs Foto nahmen die 20 Wahlkreiskandidaten Platz in einem überdimensionalem Setzkasten.

Wollen die Wähler mehr über ihre Kandidaten wissen, können sie einen QR-Code nutzen. Pfiffig ist auch die Idee der Bürgermeister-Kandidatin von CDU und SPD, Sandra Pietschmann, in ihrer von der UBWG übernommenen Geschäftsstelle ein Start-up aufzunehmen, das in ökologisch einwandfreien Bechern Coffee-to-go verkauft, frei nach dem Motto: So kann’s gehen, so könnte Mettmanns Innenstadt womöglich wieder aufleben. Daran gemessen mutet der Streit um die zugestandene Anzahl von Wahlplakaten fast schon ein wenig fossil an.

Er zeigt aber auch, wie angespannt die Lage im Wahlkampf ist. Den bislang größten Fraktionen im Rat, CDU und SPD, geht es darum, den Bürgermeister abzulösen. Gekämpft wird hart und mit offenem Visier, „nochmal fünf Jahre Dinkelmann sind ein No-Go, und das sagt seine Stellvertreterin“, sagt Ute Stöcker (CDU), stellvertretende Bürgermeisterin. Und als die Parteien um ihren Werbeplatz ringen, wirft Thomas Dinkelmann ein, dass sein Name trotz Wahlsieg und fünf Amtsjahren auf dem Stimmzettel unter denen seiner Mitbewerber steht. Auch das sei doch ein Wettbewerbsnachteil, der von allen anderen Fraktionen im Gegensatz zur Wahlplakat-Quotierung nicht beanstandet werde. Währenddessen fragt sich der Wähler: Kann dies, ja darf dies wirklich über die Wahl eines Bürgermeisters entscheiden? Sind nicht alle mündiger, als derlei Scharmützel es dem Wähler unterstellen?

Nun ist es selbst für alte Polit-Hasen derzeit kaum abzuschätzen, welche Stimmanteile die vier Kandidaten auf sich vereinen werden und wer in die sehr wahrscheinliche Stichwahl einziehen wird. Neben den latenten Sorgen in der Corona-Krise und der Spätsommerhitze macht das die Akteure offenbar nervös.

Das Wahlprogramm der CDU indes, feil geboten in einer 24-seitigen kompakten Broschüre, offenbart Klärungsbedarf. Eine klare Aussage zu Gunsten oder gegen die Stadthalle ist nicht zu finden. Und erst Nachfragen im Pressegespräch offenbaren, dass sich die Christdemokraten als Ersatz für das Jugendhaus in der Innenstadt auch eine „dezentrale Jugendbetreuung“ vorstellen könnten, wie Ortsverbandsvorsitzende Gabriele Hruschka es formuliert. Auch das Thema Gesamtschule wird in der Broschüre ausgespart, man verweist darauf, dass dieses Projekt mangels Geld womöglich gar nicht umzusetzen ist, „und vielleicht ist es auch nicht unbedingt nötig, um die Ziele zu erreichen“, sagt CDU-Fraktionschef Richard Bley. An anderer Stelle könnten die Aussagen durchaus mit weiteren Inhalten gefüllt werden. So ist zu lesen: „Wir brauchen einen optimierten Verkehrsfluss in der Innenstadt mit einer verbesserten Ampelschaltung“ oder „Wir setzen uns für wohnortnahe Arztpraxen ein“, wobei auf Nachfrage konstatiert werden muss, dass in Mettmann noch kein Ärztemangel besteht.

So bietet die neue Wahlkampfstrategie der Christdemokraten Ansatzpunkte, die das persönliche Gespräch mit den Wählern immer noch nicht überflüssig machen. Und hier kommt wieder der mündige Wähler ins Spiel: Der muss nämlich dringend nachfragen und vergleichen – alle Wahlprogramme aller Parteien.