Das Frauenhaus als letzte Rettung
Wenn Gewalt die Beziehung prägt, ist das Frauenhaus oft letzte Zuflucht. Seit 20 Jahren gibt es das Wohnprojekt.
Mettmann. Eine Frau weiß plötzlich nicht mehr weiter. Sie ist von einem Mann schwanger, beide trennen gefühlt längst Welten. Und nicht nur das: Er hat sie geschlagen, sie flieht in den Schutz des Frauenhauses. Dabei hatte eine ehemals von den Eltern im Irak arrangierte Ehe gar nicht mal so schlecht begonnen, wie man es unter solchen Umständen vielleicht annehmen könnte. „Mit der Zeit konnte ich sogar so etwas wie Liebe fühlen“, erinnert sich Leila A. an den Beginn der Beziehung zu ihrem Mann, von dem sie nun schon seit mehr als zwei Jahren getrennt lebt.
Leila A., Betroffene
Dazwischen liegt vor allem eines: Die Erinnerung an Zwänge, Streit und irgendwann eben auch an Schläge. „Mein Mann wurde immer aggressiver. Er warf mit Möbelstücken um sich. Ich hatte in all dem Stress eine Fehlgeburt und war irgendwann nur noch ein Geist“, spricht Laila A. über ihr Martyrium.
Dabei sei es nicht nur ihr Mann gewesen, der die sie zunehmend in die Enge getrieben habe. Sondern auch dessen Eltern, die von der Schwiegertochter ein zutiefst abhängiges und angepasstes Leben verlangten. „Ich durfte nichts entscheiden. Sie haben mich quasi eingesperrt und mir monatelang das Handy weggenommen“, erinnert sich die 34-Jährige an eine Tyrannei, die ihr bis heute große Angst macht. Dazu gab es auch noch die Drohung des Schwiegervaters, ihr und dem Sohn etwas anzutun.
Einer Begegnung mit dem getrennt von ihr lebenden Ehemann kann die junge Mutter dennoch nicht ausweichen. Der Vater hat ein Recht darauf, seinen Sohn regelmäßig zu sehen. Die Treffen sind bei Mutter und Sohn immer von der Angst begleitet, auf dem Weg von der sicheren Wohnung zum Begegnungstreffpunkt beobachtet zu werden. Das Kind wird dann für ein paar Stunden in die Obhut des Vaters übergeben, der es an einem öffentlichen Ort wieder an seine Frau übergibt. Wird er den Sohn zurückbringen? Wird ihr jemand zur Wohnung folgen? Wird der Schwiegervater seine Drohungen wahr machen? Alls das sind Fragen und Ängste, die Leila A. keine Ruhe lassen. Es sind immer wieder Höllenqualen, die sie bei diesen Vater-Sohn-Begegnungen durchstehen muss.
Mittlerweile ist sie aus dem Frauenhaus in eine Schutzwohnung des SKFM gezogen. Dort wird sie weiterhin auf ihrem schweren Weg in die Unabhängigkeit unterstützt. „Frauen, die in langjährigen Gewaltbeziehungen leben, sind zumeist traumatisiert“, weiß Andrea Fikenscher, Mitarbeiterin des SKFM im Fachbereich gegen häusliche Gewalt. Sie begleitet unter anderem das Wohnprojekt und weiß, wie schwer es vielen Frauen fällt, mit den Folgen häuslicher Gewalt zu leben. Immer ragen die Erinnerungen aus der Vergangenheit in die Gegenwart hinein und verdunkeln die Zukunft. Von der wiederum hofft Leila A., dass sich alles bald schon zum Besseren wenden wird. Die junge Frau spricht nach nur drei Jahren in Deutschland beinahe perfekt die deutsche Sprache.
Bald will sie eine Ausbildung beginnen — auch dabei wird sie vom SKFM unterstützt. Wenn die Irakerin über ihre Pläne spricht, dann tut sie das ungeheuer tapfer und gefasst. Alles scheint auf einem guten Weg zu sein. Wäre da nur nicht dieser Schatten, der auf dem Leben liegt.