Wilderer schießen zwei Rehböcke an
Die verwundeten Tiere litten stundenlange Qualen. Förster schalten die Polizei ein.
Hilden. Als Förster Dennis Anders und Jäger Bernhard Möller über die Fälle von Wilderei berichten, ist ihnen anzumerken, wie sehr sie die Taten der Unbekannten verabscheuen. Bernhard Möller — er ist im Stadtwald-Revier einer von mehreren Begehungsschein-Inhabern des Jagdpächters Tom Fleischer — hat im Juni einen toten Rehbock gefunden und konnte in der vorigen Woche einem weiteren Rehbock nur noch den Gnadenschuss geben. Erst nach dem Öffnen („Aufbrechen“) der Kadaver zeigte sich, dass beide Tiere von kleinkalibrigen Geschossen getroffen worden waren und stundenlange Qualen erleiden mussten.
„Wir haben sofort Anzeige bei der Polizei erstattet“, berichtet Bernhard Möller. Bislang tappen die Ermittler im Dunkeln. Denn Projektile waren in beiden Fällen nicht zu finden. Beim ersten Tier hatte das Geschoss die Leber durchdrungen und das Reh innerlich verbluten lassen. Beim zweiten Bock war das Projektil zwischen zwei Rippen in den Brustraum geschlagen, hatte die Lunge schwer verletzt und auf der anderen Seite innerlich für einen großen Bluterguss gesorgt. „Die nach dem Treffer vermeintlich leichte Verletzung überleben die Tiere nicht“, sagt Förster Dennis Anders bitter.
Eine Gemeinsamkeit haben die Weidmänner bei den Taten gefunden. Sie geschahen jeweils an Wochenenden mit schlechtem Wetter. „Da geht der Unbekannte dann in den Wald bei wenig Publikum und schießt auf Rehe.“ Anders, der Mitglied im Jagdbeirat ist, weiß, dass es im gesamten Kreisgebiet „immer wieder Vorfälle von Wilderei“ gibt. Da werden Schlachtreste gefunden - Häute, Köpfe oder Füße. Oder Menschen hören Schüsse, deren Ursprung nicht prüfbar ist. In den letzten anderthalb bis zwei Jahren hätten sich die Fälle gehäuft. Dennis Anders weiß von Vorkommnissen in Erkrath, Ratingen und im Raum Haan. Wilderer hatten es auf Rehe und Schwarzwild abgesehen.
Dennis Anders, Förster
Die Jäger vermuten, dass Täter absichtlich mit kleinen Kalibern schießen. Da könne das Schussgeräusch stark gedämpft werden. Allerdings fehlt es diesen Waffen an Durchschlagskraft. Der Schuss aus der Jagdwaffe muss tödlich sein, das ist Vorschrift. Das Problem bei einem Kleinkaliber-Schuss, der nicht sogleich tötet: Das flüchtende Wild wird kaum durch Hunde aufzuspüren sein, weil es keine verfolgbare Blutspur gibt.
Das Jagdrecht für ein bestimmtes Gebiet wird auf jeweils neun Jahre verpachtet. Der Pachtvertrag regelt auch die Pflichten des Weidmannes. Er muss dafür sorgen, dass die Wildpopulation im Gleichgewicht bleibt. Im vorigen Jahr wurden im Stadtwald 16 Stück Rehwild erlegt, 20 sind das Ziel. „Wildtiere im Übermaß wirken wie Schädlinge“, ergänzt Dennis Anders. Rehwild beiße Triebe und Knospen von jungen Bäumen ab, wodurch sich der Bestand nicht gesund entwickeln könne. Schwarzwild wühle Wiesen um und gefährde Heu-Erträge. Die Jagdpächter müssen den Bestand regeln — und auch für Schäden geradestehen. „Wildschweine sind im Vormarsch“, weiß Dennis Anders. Auch Rehwild und Hasen werden bejagt.
Die Jagd im Stadtwald erfordert besondere Umsicht, schließlich ist der Forst Ziel vieler Erholungsuchender. „Wir halten die Schussdistanz sehr kurz“, sagt Bernhard Möller. Geschossen wird nur vom Hochsitz. Dann würde sich ein Fehlschuss in den Boden bohren, aber nicht zum Querschläger werden. Wer jemanden mit einer Waffe im Wald sieht, sollte „sofort die Polizei alarmieren, aber keinesfalls selbst eingreifen“, rät Dennis Anders. „Der Selbstschutz steht an erster Stelle!