Vergolden ist eine Kunst für sich
In der Werkstatt von Claudia Köther und Daniel Lückhof wird noch mit dem gleichen Werkzeug wie vor 100 Jahren gearbeitet.
Mettmann. Anfassen darf man das hauchdünne Blattgold nicht, sonst ist es verdorben. Claudia Köther trägt es daher mit einem Pinsel aus Eichhörnchenhaar auf, den sie zuvor mit einem flüchtigen Strich über ihre Wange entladen hat, damit nichts daran kleben bleibt. Denn das einzehntausendstel Millimeter feine Blättchen soll ja auf den zuvor leicht angefeuchteten, mit einer leimhaltigen Farbe grundierten Rahmen.
Die kleinen Bläschen, die dabei entstehen, werden vorsichtig weggepustet. Dann trocknet das Goldblatt auf dem Rahmen und kräuselt dabei ein bisschen. Mit einem Werkzeug, an dessen Spitze ein Achat sitzt, werden diese Unebenheiten behutsam geglättet und poliert und verschwinden schließlich vollständig. Lediglich dort, wo die Blättchen am Ende minimal überlappen, bleibt ganz leicht eine Nahtstelle sichtbar. „Die ist handwerklich bedingt und unvermeidbar. Sie bezeugt, dass es sich um eine Vergolderarbeit handelt“, erklärt Claudia Köther.
Sie arbeitet noch mit dem gleichen Werkzeug, das schon vor 100 Jahren verwendet wurde, „da ist nichts durch Maschinen ersetzt worden, weil sehr fein gearbeitet werden muss“, betont sie. Es verwundert daher auch nicht, dass das Teure an der Vergoldung am Ende nicht das hauchzarte Material, sondern die Zeit ist, die für den edlen Glanz auf dem hölzernen Rahmen investiert werden muss.
Die Handwerkskunst schätzende Kundschaft schreckt das zwar nicht, dennoch sei der Vergolder ein aussterbender Beruf mit einem überschaubaren Markt. Man müsse also auf sich aufmerksam machen und beispielsweise versuchen, bei Museen einen Fuß in die Tür zu bekommen, sagen Claudia Köther und Daniel Lückhof. Das ist ihnen beim Neusser Clemens-Sels-Museum mit einem cleveren Zug gelungen. Das angesehene Haus hatte über eine Annonce Sponsoren für die Restaurierung eines pompösen Ölbild-Rahmens gesucht. Köther und Lückhoff haben sich beworben und ihre Arbeitskraft statt Geld als Sponsoring angeboten, jedenfalls in Teilen. Den Auftrag haben sie bekommen, weitere könnten folgen.
Das rührige Paar lebt seit 15 Jahren in Mettmann und wohnt und arbeitet mittlerweile in einem denkmalgeschützten ehemaligen Pfarrhaus an der Düsseldorfer Straße. Diese Verbindung habe Vorteile, denn man könne abends und am Wochenende schnell noch etwas fertigmachen, ohne sich gleich komplett vom Familienleben mit den beiden Kindern abzukoppeln, erzählen sie.
Nötig ist das allemal, denn sie arbeiten mal für Kunsthändler, mal für private Sammler, mal für Privatleute, die ein Erbstück restaurieren lassen wollen, und regelmäßig auch für eine Werft in Bremen, in deren Luxusyachten sie Teile der Innenausstattung vergolden — die orientalische Kundschaft liebt es und es bringt gutes Geld in die Vergolderkasse, erzählen sie.
Daheim in Mettmann vergolden, restaurieren oder rahmen sie, was vorbeigebracht wird. Da wird zum Beispiel einer Kundin geholfen, die getrocknete Blumen an die Wand bringen will und Beratung braucht: Welche Farbe sollte der Rahmen haben, wieviel Dekor darf sein, wie muss, unter konservatorischen Gesichtspunkten, das Glas beschaffen sein, um das Objekt beispielsweise vor bleichenden UV-Strahlen zu schützen?
Dann wieder bringt der Kunsthändler einen antiken Stuhl mit Geflecht und einer gilbweißen, speckigen Lackierung zur Behandlung, die viele Risse aufweist. Claudia Köther wird das mit ruhiger Hand, historischem Wissen und gutem Geschmack ändern: Der Stuhl bekommt ein gebrochenes Weiß mit leichter Grautönung, matt statt glänzend, und nähert sich damit wieder dem Stil seiner Fertigungsepoche wieder an.
Da wartet dann auch noch ein Schrankaufsatz, dessen ziemlich verhunztes, einst folienverklebtes Innenleben sie instandsetzen soll, sowie — komplett ausgefallenes Stück — ein von außen unspektakulärer Schrankaufsatz mit Chinoiserie-Malerei auf innengelegenen Schubladen und den Innenseiten der Türen, die von Vergilbungen befreit werden muss, ohne dabei zerstört zu werden. Die schmalen Rahmen der Schublädchen werden zusätzlich neu vergoldet, „aber mit Patina“, betont Claudia Köther. Intarsien oder Schellackarbeiten reparieren sie übrigens nicht, „das ist Kunstschreinerarbeit“.
Billig ist das alles nicht zu haben, aber dafür bekommt man auch etwas Handgemachtes, Besonderes, jenseits industrieller Massenware. Vergoldet werden gelegentlich auch Objekte unter freiem Himmel, Wetterhähne zum Beispiel, denn „Gold ist das widerstandsfähigste Material überhaupt, es oxidiert nicht, läuft nicht an, braucht keinen Schutzlack.“
Kennengelernt haben sich die beiden übrigens bei der Meisterprüfung in Düsseldorf. Ihr Weg dahin war unterschiedlich: Sie „war immer schon künstlerisch interessiert“, fühlte sich aber nicht zur freischaffenden Künstlerin berufen. Ein Berufsberater schlug ihr daraufhin drei mögliche Professionen vor: Schreiner, Zahntechniker, Vergolder. Es folgte schließlich eine Lehre bei einem Vergoldermeister in Mönchengladbach, Er hatte sich nach dem Zivildienst für eine Lehre als Kfz-Mechaniker entschieden, „aber ohne Leidenschaft“. Ein Bekannter war allerdings Vergolder — bei ihm fing Lückhof Feuer für das ungleich filigranere Handwerk.