Die Entdeckung der Stadthalle

Der bequemste Weg ist nicht immer der beste:: In Mettmann führte er an „Laubfroschoper“ vorbei — und machte sie zum Baudenkmal.

Foto: Dietrich Janicki

Mettmann. Die Stadthalle steht unter Denkmalschutz. Inmitten der Debatte um ihren Abriss schlug diese Nachricht ein wie eine Bombe. Auch ohne notorisches Misstrauen könnte einem in Anbetracht einer solchen Hiobsbotschaft eine verschwörerische „Dolchstoßlegende“ in den Sinn kommen. Hat womöglich jemand aus dem Lager der Abrissgegner die Denkmalbehörde zum Ortstermin bestellt? Ist das alles ein abgekartetes Spiel, um Fakten zu schaffen, die man nicht einfach so mit einer politischen Willensbekundung beiseiteschieben kann?

Denkmalbehörde

Aber nein, so war es bekanntlich nicht. Im Gegenteil: Die Stadt selbst war es, die beim Landesamt für Denkmalpflege angeklopft hatte. Geplant war ein gemeinsamer Besichtigungstermin der Oberstadt, zu dem im März Elke Janssen-Schnabel als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Denkmalbehörde anreiste. Gemeinsam machte man sich auf den Weg zum Markt und was dann folgte, hätte durchaus einen Platz im Kuriositätenkabinett verdient. Denn man nahm nicht den schnellsten Weg über die Neanderstraße, sondern den gemütlichen durch die Gottfried-Wetzel-Straße entlang der Laubfroschoper. „Die Dame von der Denkmalschutzbehörde fand das Gebäude interessant und nahm es genauer in Augenschein“, erinnert sich Fachbereichsleiter Kurt Werner Geschorec.

Man kann sie sich gut vorstellen — die Schweißperlen, die ein derart augenscheinliches Interesse den Anwesenden auf die Stirn getrieben haben dürfte. Nun also hat es die Stadt schwarz auf weiß: Auf elf Gutachtenseiten wird ausgeführt, warum die Stadthalle ein Baudenkmal ist. Und das mit allen Konsequenzen, die eine solche Entscheidung mit sich bringt.

So manch ein Hauseigentümer mag sich nun schadenfroh die Hände reiben. Denn noch immer gilt der Denkmalschutz als Damoklesschwert — vor allem dann, wenn er erst nach dem Kauf eines Hauses erlassen wird. Nun also hat es die Stadt selbst erwischt zu einem Zeitpunkt, der ungünstiger nicht hätte sein können.

Im Gutachten der oberen Denkmalbehörde heißt es: „Die Stadthalle ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, sowie für die Städtebau- und Siedlungsgeschichte.“ Was danach folgt, ist eine Auflistung der Dinge, die bis heute im Originalzustand erhalten sind. Dazu gehören Wandoberflächen, Sitzreihen im Theatersaal und die Beleuchtung. Wer sich in Denkmalschutzbelangen auskennt, der weiß an dieser Stelle: Man wird über all das diskutieren müssen. Ist es denkmalwürdig oder kann es weg? An vielen Stellen wird man sich diese Frage stellen müssen — und die Antworten dürften die Stadt viel Geld kosten. „Die Fliesen in den Toiletten kann man nicht einfach austauschen, wenn sie zur zeittypischen Architektur gehören“, weiß Kurt Werner Geschorec.

Ein Gegengutachten hält er für chancenlos - stattdessen wird die Stadtverwaltung nun prüfen, welche Schritte gegangen werden müssen. „Das ist für uns eine Situation, die wir bislang noch nicht hatten“, räumt Geschorec ein. Er könne sich jedoch vorstellen, dass sich mit der finanziellen Lage der Stadt durchaus noch ein Abriss begründen lasse: „Wir müssten etwa 2,5 Millionen Euro allein für die Sanierung in die Hand nehmen. Will man das Gebäude auch noch optisch aufwerten, ist man schnell bei vier Millionen Euro.“ Viel Geld, von dem niemand weiß, woher es die Stadt derzeit nehmen sollte.

Schlussendlich stellt sich vor allem eine Frage: Wird die Debatte nun zu einem kommunalpolitischen Lehrstück, in dem es auch darum geht, wie Dinge enden können, wenn man nichts entscheidet? Spötter könnten sich auch darüber freuen, dass ausgerechnet ein Bürgermeister „die Suppe auslöffeln“ muss, der sich vor seiner Amtszeit selbst für den städtischen Denkmalschutz stark gemacht hat. Dabei ist Thomas Dinkelmann die Sache wohl am wenigsten anzulasten — denn diskutiert wird schon eine gefühlte Ewigkeit.