Eine Frau steht ihren Mann
Linda Meier arbeitet bei der Abfallentsorgung — nicht hinter dem Schreibtisch, sondern als Müllwerkerin.
Mettmann. Locker aus dem Handgelenk legt Linda Meier den Rückwärtsgang ein, wie an der Leine gezogen rollt ihr Auto in die Parkbox. Nur, dass Meier nicht wie andere Frauen einen Kleinwagen steuert. Als Müllwerkerin sitzt sie am Steuer der dicken Lkw.
Seit Mai vergangenen Jahres gehört die 25-Jährige zum Team von Andreas Branzkos Abfallentsorgung und Straßenreinigung. Sie ist in Mettmann allein unter Männern, denn sie ist die erste — und einzige — Frau in dieser Männerdomäne.
„Klar gab’s anfangs Sprüche“, erinnert sich die gebürtige Tangermünderin. Da sie aber selbst nicht auf den Mund gefallen ist, konnte sie die „locker kontern“. Respekt verschaffte sie sich unter ihren 32 Kollegen aber nicht nur wegen ihrer Schlagfertigkeit, sondern durch ihre zupackende Art sowie ihr technisches Know-how.
Um die Müllwagen fahren zu können, ist der Führerschein der Klasse zwei notwendig. „Außerdem muss man im Job einschätzen können, ob man durch schmale Straßen und an parkenden Autos sicher vorbei kommt.“
Beim Rangieren hilft kein Blick in einen Rückspiegel — der Lkw ist geschlossen — Meier kennt Aus- und Abmaße des Gefährts. „Und da muss ich mich auch auf die Anweisungen der Kollegen verlassen können.“ Kann sie, denn die Stimmung im Team „ist richtig gut. Wir haben viel Spaß bei der Arbeit.“
Als Mädchen hat Klein-Linda „auch mit Puppen gespielt“. Noch lieber lag sie aber mit Bruder und Vater unterm Auto, um Reparaturen durchzuführen. „Du musst selbst einen Reifen wechseln können“, lautete die ursprüngliche Devise.
Als zu Schulzeiten dann das erste Praktikum anstand, landete die 15-Jährige in einer Boutique. Aber die Sache mit der Modeverkäuferin, „das war nichts für mich. Ich kann schlecht Leute anlügen“, erinnert sie sich an die Zeit, als sie anderen schlecht sitzende Textilien schönreden sollte.
Aus dem zweiten Praktikum bei der Kreismeisterei wurde dann eine Lehrstelle, „damals machte ich den Führerschein Klasse zwei, der ja auch Voraussetzung für den Gesellenbrief war“. Nach bundesweiten Bewerbungen landete sie dann 2008 als Straßenwärterin in Hilden, arbeitete als „Gelber Engel“ beim ADAC-Abschleppdienst und kam nach Mettmann.
Meier ist also nicht zufällig oder durch Umwege in ihrem Beruf gelandet, sondern ganz bewusst und zielgerichtet. Am meisten mag sie an ihrem Beruf als Müllwerkerin, dass sie „immer an der frischen Luft“ ist, „das ist die Hauptsache“. Anfangs guckten die Mettmanner manchmal erstaunt, wenn sie sie hinterm Steuer sahen oder beobachteten, wie sie mit Mülltonnen hantierte.
„Wenn ich manchmal so einen 15-Kilo-Müllsack stemme, fragt schon mal ein Passant, ob das nicht zu schwer für mich ist oder er helfen soll“, grinst sie. Solche Aufgaben bewältigt die Frau, die in ihrer Freizeit gerne gärtnert und sich darauf freut, mit Freund und Quad „endlich wieder durch die Gegend zu pesen“, sprichwörtlich mit links. Dafür braucht sie kein Krafttraining, „machen Sie mal eine Woche bei uns mit. Dann schaffen Sie das auch.“