Er ist den Verbrechern auf der Spur
Wenn Christian Badry anrückt, ist das Verbrechen bereits passiert. Der Spurensucher setzt alles daran, jede noch so kleine Fährte des Täters zu finden.
Kreis Mettmann. Christian Badry reist immer mit mindestens zwei Koffern an — der Kriminalhauptkommissar vom KK 13 (Kriminalkommissariat 13) der Kreispolizei ist im gesamten Kreisgebiet unterwegs, um an Tatorten Spuren aufzunehmen. In seinem schwarzen „Spusi“-Koffer (Spurensicherung) sind zunächst mal Utensilien, mit denen er den Tatort schützt, um nicht selber Spuren zu hinterlassen: Einweghandschuhe, Füßlinge, Mundschutz. Sonst könnte er schon durch seine Atemluft glatte Oberflächen mit seiner DNA kontaminieren.
Am Anfang jeder Spurensuche steht die gedankliche Rekonstruktion des möglichen Tathergangs: Wie hat der Täter das Gebäude betreten? Wie ist er weiter vorgegangen, wo hat er Gefäße oder Türen aufgebrochen? „Für uns ist der Einstiegsbereich am interessantesten“, sagt Badry. „Wer ein Fenster aufhebelt, drückt meist mit einer Hand gegen die Scheibe.“ Eine sehr große Lupe hilft dem Spurensucher Fingerabdrücke, also die Papillarlinien mit ihren Wirbeln, Dünen und Schleifen, zu erkennen. Auf solche mutmaßlichen Kontaktstellen trägt er dann mit dem Zephir- oder dem feinen Marabupinsel Rußpulver auf, um die Abdrücke sichtbar zu machen. „Schwarze Finger und Kleidungsstücke gehören übrigens zum Berufsrisiko des Spurensicherers“, scherzt der 48-Jährige. Auf die so präparierte Oberfläche wird dann Spurensicherungsfolie gepresst — für große Flächen wie Schuhabdrücken gibt es dafür eine Walze —, vorsichtig wieder abgezogen und auf einen Träger aufgesetzt. Für raue Oberflächen verwendet er feine Metallspäne als Kontrastmittel.
Auf der Spurensicherungskarte vermerkt Badry Angaben zum Fund. Die Tatortspurenkarten werden an die Kriminalhauptstelle in Düsseldorf geschickt, wo ausgebildete Daktyloskopen die Fingerabdrücke nach Merkmalen klassifizieren und zum Abgleich in die Datenbank einspeisen. In seinem Koffer hat Badry auch ein Stempelkissen, mit dem er am Tatort Vergleichsabdrücke von „geschädigten“ oder „berechtigten“ Personen abnehmen kann. Bei einem Einbruch müssen die Ermittler die Abdrücke des Wohnungsinhabers von denen des Täters unterscheiden können.
Um mutmaßliche Täter-DNA anhand von Blut oder Speichel nachweisen zu können, enthält der Koffer eine Plastiktüte mit Forensik-Swops: Das sind Röhrchen mit DNA-freien Wattestäbchen. „Und weil jede Blutspur trocknet, muss man sie zuerst mit destilliertem Wasser anfeuchten. Dann kann man sie gut aufnehmen“, sagt Badry.
Christian Badry, Kriminalhauptkommissar
Da der Kommissar es an einem Einbruchstatort auch immer mit Werkzeugspuren zu tun hat, enthält der Koffer aufklebbares Maßband, das er jetzt zur Demonstration an den Deckel einer Keksdose klebt, die mit einem Schraubendreher aufgehebelt wurde. Mit Hilfe eines großen Zollstocks werden auf Fotos die Dimensionen eines Fundes festgehalten. „Jeder Tatort wird fotografiert, damit ein Tathergang auch für andere Stellen, etwa die Gerichte, nachvollziehbar wird“, sagt Badry. Seine Fotoausrüstung ist im zweiten Koffer.
Nur selten zum Einsatz kommen die REM-Tapes. „Wenn man eine Handfeuerwaffe abfeuert, hinterlässt die Treibladung der Patrone winzige Schmauchpartikel auf der Hand des Schützen“, erklärt Badry. Mit dem kleinen Stempel wird die Hand abgetupft, werden die mit dem bloßen Auge unsichtbaren Partikel auf einen Träger gesetzt und dann unter dem Rasterelektronenmikroskop untersucht. Außerdem enthält der Koffer noch anderes, wie Pinzetten, Schere oder Taschenlampe. „Man kommt ja meist abends zum Tatort“, sagt Badry. Im Kofferdeckel stecken zudem jede Menge Schnellverschlussbeutel und papierne Umschläge.
Wenn Badry nicht zu einem Tatort abberufen wird, bearbeitet er in seinem „Labor“ an seinen beiden Arbeitstischen „Dakty“(loskopische)- und „DNA“-Proben auf. Auch dort ist die Warnung vor einer Kontaminierung der Spuren allgegenwärtig: An einem Regal mit großen Papiertüten und Fundstücken steht „Vorsicht Spurenträger“ — „Nicht anfassen“.