Erkrath: Der Pastor entspannt auf Schalke

Seit 20 Jahren ist Werner Scharnowski Seelsorger der Treffpunkt-Leben-Gemeinde. Seine Gottesdienste besuchen 500 Leute.

Erkrath. Unkonventionell. Das ist der erste Eindruck von Martin Scharnowski. Über 20 Jahre ist er nun schon Pastor bei der Treffpunkt-Leben-Gemeinde. Wäre er dafür nicht zu jung, könnte der 51-Jährige gut als einer aus der 68er-Generation durchgehen. Was nicht heißt, dass er für sein Alter ganz schön alt aussieht.

Zwischen 400 und 500 Besucher pilgern jeden Sonntag zum Gottesdienst ins Gemeindezentrum an der Heinrich-Hertz-Straße. In Zeiten, in denen sich viele Menschen vom Glauben abwenden, scheint dort eine Gemeinde gegen den Trend zu gehen. Und mittendrin ein Pastor, der über sein Verhältnis zur Gemeinde sagt: "Es passt einfach."

Als Scharnowski vor 20 Jahren als Pastor zur Treffpunkt-Leben-Gemeinde kam, zählte diese 40 Mitglieder. An der Narzissenstraße gegründet, hatte sich die Gruppe als Kellerkirche etabliert. "Es war eine geistige Patchworkfamilie", erinnert sich Scharnowski an die Anfänge.

Der Pastor kam damals mit Frau und vier Kindern nach Erkrath, sollte zunächst zwei Jahre bleiben. "Wir als Familie brauchten Mut für diesen Schritt, aber die Gemeinde natürlich auch", sagt er im Rückblick. Aber Scharnowski kam, sah - und blieb. Bis heute.

Seinen Weg zum Glauben hat er eher beiläufig gefunden. Als gelernter Orthopädietechniker wollte er sich eigentlich in der Entwicklungshilfe nützlich machen. Später studierte er doch noch Theologie. Es folgten einige Jahre, in denen Scharnowski als Jugendreferent durch die Welt reiste, bis schließlich der Ruf nach Erkrath kam.

Dort hat er seither viel bewegt, die Gemeinde ist auf 250 Mitglieder angewachsen. Von einem Acht-Stunden-Büroalltag kann keine Rede sein. "Ich habe oft zwölf bis 14 Stunden zu tun", gibt er einen Einblick in sein Leben, in dem er sich auch immer wieder selbst daran erinnern muss, dass Grenzen wichtig sind. "Ich weiß, dass ich Gefahr laufe, auszubrennen. Ich wäre nicht der erste Pfarrer, der zusammenklappt", sagt Scharnowski.

Als vor sechs Jahren der Bau des Gemeindezentrums anstand und sich der Bauleiter krankheitsbedingt zurückziehen musste, sprang der Pastor ein und regelte das alles noch neben seinem normalen Job.

Nach dem Interview, in dem er über sich und seine Arbeit spricht, steht ein Trauergespräch an, danach ist eine Hochzeit vorzubereiten. Es ist ein ständiger Wechsel von Themen, häufig inmitten existentieller Extreme.

Auch die Seelsorgearbeit kostet Kraft. "Zunehmende Beziehungslosigkeit und Vereinsamung ist ein Problem. Es gibt auch immer mehr Menschen, die ihr Leben nicht in den Griff bekommen, weil alles komplexer geworden ist", weiß Scharnowski.

Er selbst tauscht sich darüber mit seinem Team aus. Wenn er eine Auszeit braucht, trägt es die Gemeinde mit. Und er spricht offen über Krisen - auch über die eigenen -, so dass sich niemand scheut, Schwächen einzugestehen.

Um abzuschalten, fährt der Pfarrer einen PS-starken Motorroller. Und gelegentlich schaut sich der bekennende Schalke-Fan ein Spiel seiner Mannschaft in der Arena an.

Daran, vielleicht noch mal irgendwo neu anzufangen, hat Martin Scharnowski auch schon gedacht - und eine Entscheidung getroffen: Er wird es nicht tun und bis zu seiner Pensionierung bei der Treffpunkt-Leben-Gemeinde bleiben.