Erkrath: Die Ankunft der alten Dame
Gestern Morgen wurde in Hochdahl eine 126 Jahre alte Lok angeliefert. Der Rostfraß lässt an der Richtigkeit dieser Altersangabe keine Zweifel.
Hochdahl. Formel-1-Konstrukteure müssen umdenken: Statt mit sündhaft teuren Materialien wie Carbon und Titan Leichtbau an ihren Straßenboliden zu betreiben, müssen sie lediglich auf Stahl umstellen - und die Renner im Regen stehen lassen. Wenn es denn einen Zahn der Zeit gibt, nagt der anschließend emsig im Sinne von Diätkonzepten.
Wie bei T3. Das ist eine Lokomotive. Ihr Gewicht liegt fahrfertig bei rund 30 Tonnen. Das Exemplar, das Dienstagmorgen auf dem Betriebshof des ehemaligen Albi-Geländes an der Gruitener Straße vom Auflieger eines Schwerlasttransporters rollte, ist mindestens fünf Tonnen leichter. "Die sind schlichtweg weggerostet", hat Udo Kampschulte, der Vorsitzende des Eisenbahnmuseums, ausgemacht.
"Da läuft’s einem schon den Rücken runter - allerdings auch, wenn man den Rost sieht."
Und in der Tat: Die 126 Jahre alte Rangierlok sieht aus wie der Hauptdarsteller eines Endzeitfilms, der von unten bis oben, von vorne bis hinten Rost trägt. Die Klapprigkeit der alten Dame schmälert indes nicht die Begeisterung, die Kampschulte und andere Eisenbahnfans bei ihrem Anblick spüren: "Da läuft’s einem schon kalt den Rücken ’runter - allerdings auch, wenn man den Rost sieht."
T3 wurde 1883 aus den Produktionshallen der Henschel-Werke in Kassel gezogen. Damit ist sie das älteste, noch erhaltene Exemplar der Baureihe, von der insgesamt über 1300 Loks gebaut wurden. Bei solch einer Geburtsurkunde werden technische Gebrechen zur Nebensache.
In den vergangenen 15 Jahren konnte T3 deutlich weniger Begeisterung entfachen. Als Dauerleihgabe der Deutschen Bahn an dem Verein "Wupperschiene" in Radevormwald zur Verfügung gestellt, wurde das Schätzchen dem natürlichen Verfall überlassen. "Die hatten kein Geld und außerdem andere Probleme", sagt Kampschulte.
Was die Oberbergischen nicht davon abhielt, ganz gewieft zu taktieren: Sie formulierten einen Vertrag, wonach T3 den Hochdahlern zur Sanierung überlassen werden sollte, um anschließend wieder nach Radevormwald transportiert zu werden. Nachdem Kampschulte die wahren Eigentumsverhältnisse geklärt hatte, war diese Variante schnell vom Tisch. Jetzt parkt die Lok als Leihgabe der DB für zunächst 20Jahre in Hochdahl.
Voraussetzung für diese Vereinbarung zwischen Bahn und Museum war allerdings die Verpflichtung der neuen Besitzer, sie besser zu behandeln als es die Vorgänger taten. "In den kommenden Wochen steht zunächst eine Bestandsaufnahme an", sagt Kampschulte.
Von deren Resultat hänge ab, "ob wir sie nur aufhübschen oder betriebsfertig machen". Den Unterschied machen mehrere tausend Arbeitsstunden und zehntausende Euros aus. "Gut ist, dass wir uns bei einigen Vereinen in Deutschland informieren können, die betriebsfertige T3-Exemplare besitzen."
Egal, für welche Sanierungsvariante sich die Bahner entscheiden - mit der Anlieferung von T3 Dienstagmorgen, früh um 6 Uhr, wurden die nächsten Jahre der Vereinsmitglieder verplant. Danach hat sie zwar wieder an Gewicht zugelegt - aus Sicht eines echten Experten ist sie trotzdem ungleich faszinierender als jeder "dürre" Formel-1-Renner.