Ganz nah bei Tarpan und Wisent

Hegemeisterin Hanna Walter führte die Besucher durch das Eiszeitliche Wildgehege im Neandertal.

Mettmann. Mit gesenktem Kopf läuft die Wisent-Dame auf den Zaun zu. Ihr Anblick ist schon ein bisschen furchteinflößend. „Bitte nicht an den Zaun gehen“, warnt Hegemeisterin Hanna Walter von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Mettmann die Gruppe rechtzeitig. „Auch wir gehen nicht in dieses Gehege hinein“, erklärt sie. Wisente seien nun mal Wildtiere und deshalb mit Vorsicht zu genießen.

Foto: Stephan Köhlen

Auch untereinander hätten die imposanten Tiere einen eher rauen Umgang: „Da wird nicht lange diskutiert, da wird einfach drauf gehalten“, erzählt sie. Aber die beiden Wisent-Damen im Eiszeitlichen Wildgehege im Neandertal — beide schon über 20 Jahre alt — würden sich lange genug kennen, um mehr oder weniger miteinander auszukommen.

Rund 40 Besucher hat die zertifizierte Waldpädagogin nach einem Rundgang durch die aktuelle Sonderausstellung „Löwe, Mammut und Co.“ des Neanderthal Museums auf eine zweistündige Führung durch das 23 Hektar große Wildgehege mitgenommen. „Das Neandertal ist ein Naturschutzgebiet, also bleiben Sie bitte auf den Wegen“, hatte sie gleich am Anfang der Tour gebeten.

Deshalb solle der geplante neue Stall für die Wisente oberhalb des Tals und außerhalb des Naturschutzgebietes gebaut werden. „Dort ist nur noch ein Landschaftsschutzgebiet, und wir möchten in Zukunft auch wieder Wisente züchten“, erklärte sie.

Ruhiger geht es bei den Pferden zu. Da die Vorfahren der Hauspferde, die Tarpane, bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts ausgestorben sind, habe man versucht, aus europäischen Robustrassen wie Isländern und dem Exmoor-Pony Pferde nachzuzüchten, die ähnlich aussehen. „Abbildzüchtung nennt man das“, erklärt Hanna Walter. Wirklich zurück züchten könne man ausgestorbene Tiere nicht.

Die sechs Stuten unterschiedlichen Alters mit ihrem gräulich-beigen Fell und der dunklen Mähne machen einen sehr zufriedenen Eindruck, lassen sich gerne streicheln und sind fast ein bisschen aufdringlich. „Sie sind Besucher gewohnt und hoffen auf Futter“, so die Hegemeisterin. Normalerweise gehöre auch ein Deckhengst zur Herde, die im Winter zum Schutz der Wiesen auf einem Paddock lebt, informiert sie. Nach dem steilen Aufstieg über eine gefrorene Wiese bis zum Wisent-Gehege geht es schließlich wieder abwärts.

Endlich ist auch die aus 24 Tieren bestehende sogenannte „Auerochsen“-Herde zu sehen: kleine Kälber mit ihren Müttern und der deutlich größere und dunklere Deckbulle. Genau wie die Tarpane seien auch die Auerochsen als Weggefährten des Neanderthalers längst ausgestorben, erzählt Hanna Walter. Die großen Weidetiere seien Heckrinder. Abbildzüchtungen, die so ähnlich aussehen wie die ursprünglichen Auerochsen.

Die auch im Wald lebenden Rinder würden den Jungaufwuchs fressen und so im Sinne des Naturschutzes unter anderem unerwünschte Verbuschungen verhindern, erfahren die interessierten Zuhörer. Auch, dass man das Fleisch der im Neandertal gezüchteten Heckrinder bei einem Metzger in Gruiten kaufen könne. „Wir sind gerade dabei, Bio-Betrieb zu werden“, sagt die Hegemeisterin über die Fleischqualität . Johanna (10) ist von der Führung begeistert: „Ich finde es toll, dass die Tiere hier so leben können.“