Hochdahl: Das Fremde ist ganz nah
Mitglieder der Awo besuchen den islamischen Gebetsraum in Hochdahl.
Hochdahl. Konzentriert wendet sich der Imam gen Osten, in Richtung Mekka. Die Schar der Gläubigen ist an diesem Tag überschaubar, die acht Männer allerdings stehen in dem großen Gebetsraum des Marokkanischen Kulturvereins an der Brechtstraße dicht beieinander. Gemeinsam lassen sie sich vom Vorbeter leiten, machen ihm Verbeugungen und Niederwerfungen nach.
Er geht auf die Knie, mit dem Gesicht zum Boden und dann wieder rauf, ein ums andere Mal. "Der Imam ist die einzige Person, die in die Mihrab - das ist eine Gebetsnische - hineingehen und Gebete leiten darf", erklärt Mohammed Assila, ehemaliger Vorsitzender des marokkanischen Kulturvereins und derzeitiger interkultureller Berater in Erkrath.
Beim Freitagsgebet, vergleichbar dem Sonntagsgottesdienst der Christen, besteigt der Imam dann die Minbar, eine Gebetskanzel. "Diese Tradition rührt noch von Zeiten des Propheten Mohammed, der selbst bereits eine Art Kanzel errichtet haben soll, damit die Gläubigen ihn besser sehen und vernehmen konnten", erklärt Imam El Habti Said.
Er, wie auch Mohammed Assila, sind die von Vorurteilen und Intoleranz gezeichneten Diskussionen der vergangenen Wochen leid, sie setzen sich für Integration, Völkerverständigung und Aufklärung ein.
Am Samstag besuchte der Ortsvereins Hochdahl der Arbeitswohlfahrt die Islam-Gläubigen und ließ sich den Verein, seine Rolle in der Gesellschaft und nicht zuletzt den eindrucksvollen Gebetsraum erklären.
Rudolf Unger, Awo-Vorsitzender und ehemaliger Bürgermeister, betonte mehrmals die Wichtigkeit solcher Zusammenkünfte der Religionen und Kulturen: "Nur durch gegenseitiges Verständnis und Information ist ein harmonisches Miteinander möglich."
Vor zwölf Jahren wurde der Verein gegründet. Zunächst als Ort zum Austausch für Marokkaner gedacht, erkannten die Verantwortlichen mit der Zeit ihre Verpflichtung zum Dialog mit Schulen, Bildungseinrichtungen und Ämtern. "Wir wollen keinen Elitendialog führen, sondern uns den Menschen unserer direkten Umgebung vorstellen", meint Assila.
150 Familien zählt der Verein mittlerweile als Mitglieder. Für Kinder wird in den Räumlichkeiten an der Schimmelbuschstraße arabisch unterrichtet, aber auch genereller Förderunterricht durch Studenten wird angeboten.
Das Herzstück ist der große Gebetsraum. Größtenteils in zarten Blautönen gestrichen, fällt neben der Mihrab und der Minbar vor allem der Teppich mit seinen zahlreichen, ebenfalls nach Mekka gerichteten Minaretten ins Auge. Gerade Linien darauf geben vor, wo die Gläubigen sich niederlassen können.
Imam Said, verheiratet und Vater von drei Kindern, erläutert den spirituelle Hintergrund: "Der Gebetsraum ist ein Ort der Seele. Man tritt Allah direkt gegenüber und muss die Ruhe, das Licht und die Farben auf sich wirken lassen."