Sie werden in 30 Jahren von Ihrem Enkel gefragt werden: Wie war das damals in diesen zwei Jahren mit Corona? Was werden Sie denen sagen?
Aufwachsen in Mettmann „Lebensfreude kam abhanden“
Mettmann · Was macht Corona mit Kindern und Jugendlichen in Mettmann? Der Leiter der Jugendhilfe sieht Veränderungen.
. Axel Meven ist Leiter der Jugendhilfe in Mettmann.
Axel Meven: Zwei Jahre? Das kommt mir deutlich länger vor…
Was werden Sie erzählen?
Meven: Dies war eine schwierige Zeit, in der wir Dinge von Woche zu Woche neu bewerten mussten. Was gestern gewiss war, galt heute schon nicht mehr und war morgen verkehrt. Diese Ungewissheit ist für mich das Prägende dieser Corona-Zeit. Es hat dazu geführt, dass vielen Kindern und Jugendlichen ein Teil ihrer Lebensfreude abhandengekommen ist. Sie bewegen sich heute viel vorsichtiger als in der Zeit vor Corona – und haben zum Beispiel weniger Kontakte untereinander. Einige sagen uns, wir kommen nicht mehr ins Haus der Generationen rein, sondern halten uns dort draußen vor der Tür auf – weil das sicherer ist.
Wie hat sich Corona auf die Angebote der Mettmanner Jugendförderung ausgewirkt?
Meven: Es ist vieles ausgefallen. Gleich zu Beginn kam am 17. März 2020 der erste Lockdown – für April hatten wir ein komplettes Osterferienprogramm vorbereitet. Das haben wir komplett gestrichen. Wir haben die ganze Zeit hindurch weiter geplant und machen Angebote– soweit es geht. Aber es hat sich sehr vieles verändert. Viele unserer ehrenamtlichen Unterstützer waren und sind in einem höheren Alter. Die haben sich zum Beispiel im Café International engagiert – und oft selbst gebackenen Kuchen mitgebracht; oder Kinder und Jugendliche schulisch begleitet. Sehr viele Ehrenamtliche haben sich zurückgezogen, um sich und andere zu schützen – denn anfangs hatten wir ja noch keine Impfstoffe. Auch jetzt sind sie noch vorsichtig.
Wie sehr ist die Zahl der Besucher und Teilnehmer zurückgegangen?
Meven: Heute besuchen uns etwa die Hälfte der Kinder und Jugendlichen – im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Vor den Ferien oder vor Weihnachten geht der Besuch noch weiter runter. Dann sagen Eltern offenbar, wir wollen in Urlaub fahren oder mit der Familie feiern, geh da mal im Moment nicht hin. Auf der anderen Seite mussten wir ja auch die Teilnehmerzahlen bei vielen Angeboten reduzieren. Früher hatten wir in sechs Wochen Sommerferien rund 1000 Kinder aus Mettmann auf dem Bauspielplatz – jetzt durften wir pro Woche nur noch 50 Kinder zulassen – in Summe also 300 Mädchen und Jungen.
Wie geht es den Kindern und Jugendlichen mental in dieser Ausnahmezeit – was berichten Ihre Mitarbeiter und Kursleiter?
Meven: Da ist die Spannbreite sehr weit, glaube ich. Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen geht nach unserer Beobachtung sehr pragmatisch mit den Corona-Regeln um. Seit einigen Tagen gilt hier im Haus der Generationen die FFP2-Maskenpflicht. Da haben mich zwei Jugendliche am Billardtisch gefragt: „Musstest Du das jetzt auch noch einführen?“ Aber sie trugen FFP2-Masken. Unter den Corona-Schutzbestimmungen leiden viele gar nicht, sondern wenden sie wie selbstverständlich an und achten darauf, dass auch andere Masken tragen. Denn sie sind froh, dass es bei uns weiterhin Angebote gibt, die sie nutzen können.
Welche speziellen „Corona-Angebote“ macht die Jugendhilfe?
Meven: Erst mal sind wir da – mit so vielen Angebot wie möglich und kommen auch nicht dauernd auf die Pandemie zu sprechen. Die läuft oftmals im Hintergrund mit. Es gibt aber auch neue Angebote wie unsere Koordinierungsstelle Schulvermeidung. Denn neben denen, die versuchen, sich mit den Umständen zu arrangieren, gibt es Kinder und Jugendliche, die durch Corona besonders belastet sind und aus Angst vor Ansteckung beispielsweise nicht zur Schule gehen. Wenn wir den Zugang bekommen, besucht eine Mitarbeiterin die Familien und findet Kinder, die noch im Bett liegen, obwohl sie eigentlich in der Schule sein müssten. Wenn es gelingt, begleiten wir deren Wiedereinstieg. Während Schulen in Mettmann früher eher zurückhaltend auf solche Angebote zusätzlich zum Schulpsychologischen Dienst reagiert haben, sind wir momentan hoch willkommen.
Welche Angebote gibt es noch?
Meven: Wir haben unsere Familienangebote ausgebaut – denn auch in den Familien gibt es Isolation. Kinder erleben, wie Eltern oder Großeltern an Corona erkranken. Das nehmen sie nochmal ganz wahr als Erwachsene. Uns sind Zeiten wichtig, in denen die Familien zusammen sind. Das kann zum Beispiel ein Tagesausflug ins Phantasialand sein, den man sonst nicht machen würde – aber durch uns ermöglicht wird. Hierfür haben wir Fördermittel vom Land bekommen können und setzen diese ein.
Was wird 2022 im Kinder- und Jugendbereich möglich sein?
Meven: Wir planen all unsere Angebote. Das Osterferienprogramm ist fast fertig. Sommer- und Herbstferien werden folgen. Wir bieten so viel an, wie möglich – auch weil wir unsere sehr guten Kursleiter bei der Stange halten möchten. In der Gastronomie und im Veranstaltungsbereich haben sich ja viele freie Kräfte andere Jobs gesucht, sind abgewandert.