Gedenktag an die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz Ein Abend gegen das Vergessen

Mettmann · Mit Vortrag, Performance und Stolperstein-Verlegung wurde der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.

Gegen das Vergessen: Emmy und Julia lasen, ein Kranz wurde niedergelegt.

Foto: Valeska von Dolega

(von) Auch Mettmann gedenkt jährlich am 27. Januar den Opfern des Holocaust. Dazu wurden jetzt einerseits vier neue sogenannte Stolpersteine vorm Eingang zur Hausnummer 14 in der Oberstraße ins Pflaster eingesetzt. Dazu gab es außerdem auf Einladung des Bündnis für Toleranz und Zivilcourage Kranzniederlegung, Vortrag plus Performance rund um die evangelische Kirche Freiheitstraße.

„Ziemlich nervös“ waren Emmy Lekies und Julia Hildebrandt, beides Schülerinnen am Berufskolleg Neandertal, vor ihrem Einsatz. „Den Vortrag haben wir schon mehrfach gehalten, wir verfeinern und aktualisieren ihn aber immer wieder.“

Der Vortrag ist das Ergebnis eines Projekts, das die beiden im Differenzierungskurs „Wissenschaftliche Arbeit“ am Berufskolleg realisierten: Heraus aus den endlos langen Listen wurden dafür zwei Mettmanner Familien-Leben genommen und nachgezeichnet, die von den Nationalsozialisten deportiert und schließlich ermordet wurden. „Das sind Menschen, die hier gelebt haben. Ihre Geschichte passierte nicht irgendwo oder gaz weit weg. Das hat sich hier ereignet“, beschrieben sie das Schicksal der beiden jüdischen Familien Bach und Kowalski als eigentlich ganz normale Mettmanner Bürger. Exemplarisch wurde an ihrem Schicksal die Ermordung der Juden erzählt. Die Brutalität des nationalsozialistischen Terrorregimes müsse „Mahnung und gleichzeitig Ermutigung zur Verhütung von Verbrechen“ sein, sagte Pfarrer Bertold Stark in seiner auf den Vortrag folgenden Rede. Und auch Evi Claßen vom Bündnis für Zivilcourage betonte die Relevanz dieses Gedenktages, der es immer wieder ermögliche, „Menschen aus ihrer Anonymität zu holen“, um Vergangenheit lebendig zu halten. Trotz der „Zahlen, Zahlen und immer wieder Zahlen“ habe sie „so viele Fragen und keine Antworten“.

Eine Brücke zwischen Terror, Leid, Mord und der Grauzone sogenannter anständiger Bürger als Mittäter in der Zeit besagten Nazi-Regimes schlug dann „Be-Longing“, ein zwei-Personen-Stück über Partnerschaft, Zugehörigkeit, Geschichte und Gegenwart, durch die diversen Kapitel der europäisch-afrikanischen Geschichte. Wie prägt der deutsche Kolonialismus das heutige Leben und welche Herausforderungen ergeben sich dadurch? Während in den betroffenen Ländern die Erinnerung an diese Zeit und ihre Folgen sehr präsent sind, ist die Erinnerung in Deutschland verblasst. „Das waren keine mutigen Wissenschaftler, das sind Kolonialverbrechen“, erinnerten die beiden Darsteller Gifty Claresa Wiafe und Emmanuel Edoror in einer der Szenen an die brutale Geschichte des deutschen Kolonialismus beispielsweise in Namibia. Sie war kurz, aber grausam und forderte unzählige Menschenleben. Die beiden trugen die Performance, in der sich Text-Passagen, Dialoge, Musik und getanzte Bilder miteinander abwechselten und wechselseitig ergänzten. Barfüßig und mit einem Minimum an Requisiten – hier reichten Accessoires wie Öllampe oder Handtuch – spielten und tanzten sich die zwei durch die quasi bühnenbildlose Inszenierung. „Jetzt hast du das N-Wort gesagt“, empört sich einer, als der andere ihn „Neger“ ruft. Wie rassistisch Hollywood ist („Batman trägt keine vollständige Gesichtsmaske, damit die Polizei immer seine weiße Haut sieht“) und welch Stereotype mit Schwarz und Weiß verbunden sind, wurde ebenso erzählt, wie der Leidensweg von Sklaven und komischen Alltagsmomenten der Gegenwart. Denn Europa bleibt, trotz der teilweise brutalen Vergangenheit, für andere im Hier und Jetzt ein Sehnsuchtsort.

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