Betreuung Wuppertal: Wie der Kitaplatz mit den Studienplätzen zusammenhängt

Wuppertal · Wuppertal braucht mehr Kitaplätze, seit Jahren reicht der Ausbau nicht für den wachsenden Bedarf. Bremsfaktor ist dabei auch der Mangel an Erzieherinnen. Es entscheiden sich zwar mehr junge Leute für den Beruf.

17.05.2021, Berlin: Ein Kind und seine Mutter gehen zum Eingang einer Kita. Heute startet in Berlin wieder der eingeschränkte Regelbetrieb für Kitas. Foto: Annette Riedl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Annette Riedl

Aber die Kapazitäten an den Berufskollegs sind begrenzt – auch, weil wiederum entsprechende Lehrkräfte fehlen.

Die Zahl der Kitaplätze in Wuppertal ist seit 2011 von gut 9000 auf mehr als 12 000 gestiegen. Doch immer wieder fehlt Personal, sodass etwa neue Kitas nicht sofort mit allen Gruppen starten.

Bund, Land und die Träger haben Kampagnen aufgelegt, um Menschen für den Beruf zu gewinnen. Zudem hat besonders ein Faktor hat dazu beigetragen, die Berufswahl attraktiver zu machen: die Einführung der „Praxisorientierten Ausbildung“ (Pia).

Großes Interesse am neuen Ausbildungsgang

Dabei gehen angehende Erzieherinnen und Erzieher zwei Tage pro Woche ins Berufskolleg und drei Tage – gegen Vergütung – arbeiten. Die klassische Ausbildung besteht aus zwei Jahren Schule und einem bezahlten Jahrespraktikum. Seit es für eine Pia-Ausbildungs eine tarifliche Vergütung gibt, „ist Pia hochattraktiv“, sagt Marion Grünhage, Geschäftsführerin bei der Diakonie Wuppertal und zuständig für 35 Diakonie-Kitas. „Wir haben jede Menge Leute, die das machen wollen.“ Ein limitierender Faktor sei die Bezahlung, da das Land nur zwei Drittel der Kosten übernehme, den Rest die Träger finanzieren müssten. Zweiter limitierender Faktor seien die Kapazitäten an den Berufskollegs.

Wuppertals Sozialdezernent Stefan Kühn hält die praxisorientierte Ausbildung für „das Modell der Zukunft“: Daher habe die Stadt auch die Zahl der Ausbildungsstellen in städtischen Kitas seit drei bis vier Jahren verdoppelt, würde sogar noch mehr nehmen – wenn es genug Plätze an den Berufskollegs gäbe.

Für einen Ausbau fehlen die Lehrkräfte

Das Berufskolleg an der Kohlstraße konnte 2021 eine zusätzliche vierte Erzieher-Klasse anbieten: Jetzt ist der Pia-Ausbildungsgang wie der klassische Ausbildungsgang zweizügig. Damit hätten sie 2021 alle geeigneten Bewerber aufnehmen können, sagt Anke Brandenburg, Abteilungsleiterin an der Kohlstraße. Davor „mussten wir viele abweisen.“

Ein weiterer Ausbau werde aber „extrem schwierig“. Dazu fehlten zunächst Räume, aber „das allergrößte Problem ist das Personal“, sagt sie. Sie brauchen Menschen, die Sozialpädagogik auf Lehramt studiert haben, doch davon gibt es nicht genug. „Wir nehmen auch Lehrkräfte für Pädagogik“, so Anke Brandenburg, denen fehle jedoch die Praxiserfahrung, die bei Sozialpädagogik dazugehört.

Das Ita-Wegmann-Berufskolleg muss schon seit Jahren Bewerbungen abweisen. Das private Kolleg mit anthroposophischer Ausrichtung in Beyenburg bildet nur Pia-Azubis aus. Bewerbungen für den Ausbildungsbeginn im Sommer treffen das ganze Jahr über ein, oft müssten sie schon im März oder April vermelden, dass alle Plätze belegt sind.

„Wir könnten jedes Jahr zwei Klassen aufnehmen“; sagt Leiterin Sabine Faßbender. Aber in dem alten Bahnhofsgebäude haben sie nur alle drei Jahre Platz für einen doppelten Jahrgang, sonst ist es einzügig.

Suche nach Lehrkräften ist mühsam

Auch das Berufskolleg der Bergischen Diakonie Aprath an der Straßburger Straße in Elberfeld vermeldet steigende Bewerberzahlen, ebenso das Berufskolleg Neandertal in Mettmann: „Der Trend ist definitiv, dass die Anmeldungen steigen“, berichtet Fachbereichsleiterin Beate Humpf. Dabei liege der Schwerpunkt bei der Pia-Ausbildung. Auch sie verweist auf den Lehrermangel: „Wir kriegen nicht einfach neue Lehrkräfte.“ Die Suche nach neuen Kollegen sei mühsam.

Lehrer für Sozialpädagogik an Berufskollegs werden unter anderem in Dortmund ausgebildet. Seit diesem Wintersemester gibt es an der Wuppertaler Uni 30 neue Bachelor- und 24 Masterstudienplätze im Bereich der Sozialpädagogik, „um die höhere Nachfrage nach dem Lehramt zu bedienen“, wie Unisprecherin Corinna Dönges mitteilt. Bis hier die ersten Lehrkräfte fertig werden, werden aber einige Jahre vergehen.

Marion Grünhage von der Diakonie findet: „Politisch hätte man sich Gedanken über die Frage der Lehrkräfte machen müssen.“ Sie verweist darauf, dass nicht nur in Kitas der Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern steigt. Der kürzlich beschlossene Rechtsanspruch auf Betreuung von Grundschulkindern werde den Bedarf weiter erhöhen. Daher hätten die Diakonie und weitere Wohlfahrtsverbände in einem Brief an die Landesregierung eine bessere Finanzierung der Azubis und mehr Plätze an den Berufskollegs gefordert.