Gewalttat in Mettmann 15-jähriger Ukrainer vor Bluttat gezielt ausgewählt

Mettmann · Erst zog der Karnevalszug durch Mettmann, dann kam es zu einer Attacke: Ein 15-Jähriger aus der Ukraine wurde durch einen Kopfschlag schwer verletzt. Zeugen sagen: Der Angreifer hat vorher nach der Herkunft des Jungen gefragt.

Der Jubiläumsplatz: In dem Glashaus links unten geschah die Bluttat gegen den 15-jährigen Ukrainer.

Der Jubiläumsplatz: In dem Glashaus links unten geschah die Bluttat gegen den 15-jährigen Ukrainer.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Die gute Nachricht zuerst: Die Operation scheint gut verlaufen zu sein. Die Ärzte hatten dem Vernehmen nach befürchtet, dass der 15-jährige, ukrainische Junge sein Augenlicht verlieren könnte. Er war von einem noch unbekannten Täter in einem Dönerladen auf dem Mettmanner Jubiläumsplatz am Karnevalssamstag gegen 22.40 Uhr mit einem Gegenstand heftig auf den Kopf geschlagen worden. Schwer -, aber nicht lebensgefährlich verletzt kam er ins Krankenhaus und wurde am Mittwoch operiert. Bei allen Vorbehalten nach einem Eingriff: Dies scheint, laut einem Sprecher der Kreispolizei Mettmann, ohne Komplikationen verlaufen zu sein. Zugleich gilt aber: Ob der Junge bleibende Schäden davonträgt, muss abgewartet werden.

Dass die Abteilung Staatsschutz der Düsseldorfer Polizei im Fall des hässlichen Endes eines fröhlichen Karnevalstages mit Umzug in Mettmann ermittelt – und dass sich die Oberstaatsanwaltschaft Wuppertal ebenfalls bereits eingeschaltet hat, liegt an den verstörenden Umständen der Gewalttat.

Sprecher der Polizei und der Staatsanwaltschaft schildern, dass der 15-jährige Ukrainer nicht zufällig das Opfer brutalster Gewalt geworden ist. Vielmehr gehen die Ermittlungsbehörden davon aus, dass der Junge im Imbiss gezielt angesprochen wurde. Ob er denn aus der Ukraine stamme? Dies wollte ein gut 1,90 Meter großer, blonder Mann wissen. Als der Junge mit „Ja“ antwortete, sei die Situation rasch eskaliert, wie Zeugen der Polizei berichteten. Angeblich soll es Hinweise darauf geben, dass der Angreifer eine pro-russische Einstellung geäußert haben soll.

Zunächst sei der Junge mit Worten attackiert worden. Dabei habe der Angreifer auch „Heil Hitler!“ gerufen und weitere, rechtsextremistische Beleidigungen von sich gegeben. Dann soll er einen Gegenstand aus der Tasche gezogen haben. Damit schlug der Mann heftig auf den Kopf des 15-Jährigen und lief in der dunklen Mettmanner Nacht davon.

Polizei wurde
erst spät alarmiert

Zeugen hätten sich um den stark blutenden Jungen gekümmert und den Rettungswagen gerufen. In der Notaufnahme stellte sich den Schilderungen nach heraus, dass die Kopfverletzung deutlich schwerer war als zunächst angenommen. Der erste Streifenwagen der Polizei fuhr demnach zum Krankenhaus, erst danach wurde der eigentliche Tatort durch die Beamten in Augenschein genommen. Da war der Täter längst abgehauen.

Von den Zeugen des Geschehens hat die Polizei diese Personenbeschreibung bekommen: Der Mann soll 1,92 Meter groß und von kräftiger Statur sein, etwa 95 Kilogramm wiegen. Aufgrund seines Akzents wurde er als „mutmaßlich polnisch“ beschrieben. Er sei schwarz gekleidet gewesen und trage blondes Haar. Aufgrund des hohen Ermittlungsdrucks hoffen mit dem Fall befasste Insider, dass die Polizei den mutmaßlichen Täter ausfindig machen kann. Es gebe da Ermittlungsansätze ,heißt es. Zugleich hoffen die Ermittler darauf, dass sich weitere Zeugen melden.

So lange wird die betroffene Familie abgeschirmt. Die Mutter spreche nur wenig Deutsch heißt es und sei seit dem Wochenende in tiefer Sorge um die Gesundheit ihres Kindes. Die gezielte Gewalt gegen einen Jungen aus der Ukraine erinnert an die Messerstecherei in Oberhausen, bei der ein 17-jähriges Basketballtalent aus der Ukraine zu Tode kam. Ob sich solche Parallelen ziehen lassen, will, niemand bestätigen. Zunächst müsse dazu erst noch ermittelt werden.

Kurz vor dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf das Kerngebiet der Ukraine am 24. Februar 2022 sprechen Informanten von einer zunehmenden Gewalt gegen Ukrainer in Nordrhein-Westfalen. Das Landeskriminalamt hatte Ende 2022 – sechs Monate nach dem russischen Überfall – von 1058 Straftaten gesprochen, die einen Bezug zu dem militärischen Konflikt hätten.

Darunter seien 185 Gewalttaten. Die meisten Straftaten rechneten die Ermittler dem pro-russischen Lager zu: 593 Straftaten mit insgesamt 48 Gewaltdelikten. Bei 200 Vorgängen, davon 33 Gewalttaten, haben die Beamten eine pro-ukrainische Ausrichtung erkannt. Die übrigen Straftaten seien keiner Kategorie zuzuordnen.