Mettmann Gehörloser Tänzer begeistert in Kulturvilla

Mettmann. · Die Besucher erlebten einen Workshop, ein Konzert und eine poetische Performance.

 Der taube Pierre Geagea bot zum Viola-Spiel von Georg Kroneis eine sehenswerte Tanzdarbietung.

Der taube Pierre Geagea bot zum Viola-Spiel von Georg Kroneis eine sehenswerte Tanzdarbietung.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Zunächst war ein Workshop von Pierre Geagea und Georg Kroneis angesagt, der alle ansprach, die gerne tanzen, bevor die beiden Künstler dann am Abend ein hochinteressiertes Publikum beeindruckten. Was ist daran so spannend, wenn ein Musiker und ein Tänzer auftreten? Eigentlich nichts. Doch hier war etwas ganz Außergewöhnliches zu erleben, denn der Tänzer ist gehörlos, und das machte sowohl den Workshop als auch das Abendprogramm zu etwas wirklich Unvergleichlichem.

Zum Workshop hatte sich eine Gruppe junger Mädchen von Mettmann-Sport eingefunden, aber auch einige Damen reiferen Alters, die in höchster Aufmerksamkeit die Bewegungen von Pierre Geagea nachvollzogen und dabei Gebärden der Gehörlosensprache erlernten.

Musiker und Tänzer bilden seit Jahren ein brillantes Team

Pierre Geagea stammt aus dem Libanon, Georg Kroneis aus Graz. Die beiden sind seit Jahren ein brillantes Team. Georg spielte auf der Viola da gamba, die er mal wie eine Gitarre handhabte, mal wie ein mittelalterliches Lauteninstrument – mal zupfend, mal streichend, aber immer voller Empathie. Entspannung und Atemübungen leiteten den Vormittag ein, zu mystischen Klängen ergaben sich elegante Bewegungen und die ersten Vokabeln in der Gebärdensprache. Hausherrin Constanze Backes hatte sich eingereiht und später das Einsingen für ein von Kroneis komponiertes Lied übernommen, mit einem berührenden Text (dem Sinn nach): „Es macht nichts, ob du blind bist, denn wir können reden. Es macht nichts, ob du taub bist, denn wir können uns berühren. Es macht nichts, wenn du weit weg bist, es spielt keine Rolle, wo du bist – ich fühle dich immer an meiner Seite, egal ob bei Tag oder in dunkelster Nacht.“ Dieses Lied mit den ausdrucksstarken Gebärden konnte die Tanztruppe am Nachmittag vor begeisterten Eltern und Freunden aufführen.

Am Abend standen die beiden Künstler allein auf der Bühne der Villa. Zu meditativen Klängen frühbarocker Meister, die von irgendwoher zu kommen schienen, tanzte Geagea in vollkommener Harmonie, als könne er die Musik hören. Er folgte den Rhythmen, verstand piano und forte auszudrücken, das Muskelspiel seines Körpers war einfach genial.

Anna Rösing, die Jahrzehnte lang selbst eine Tanzschule in Mettmann geleitet hat, war fasziniert und voller Begeisterung. Mit Eleganz und Emotionalität schenkte Geagea sein Herz, seine Gesten hatten etwas Überirdisches. Seit mehr als 40 Jahren gehen im Libanon Millionen von Menschen auf die Straße und fordern Rechte für Gehörlose ein, eine einheitliche Sprache für die Menschen, denen das Hören versagt ist. Kroneis übersetzte einen flammenden Appell, bevor für die Zugabe zwei der Mädchen vom Nachmittag mit auf die Bühne geholt wurden und der Song mit der Gebärdensprache wiederholt wurde.

Ein Dank ging an Constanze Backes und Bodo Herlyn, die die beiden Künstler aufgenommen hatten. Nach der Veranstaltung, die Teil des Andertal-Festivals war, wurde gekocht und hörende und gehörlose Freunde bewirtet. eise